Kinder und Jugendliche fühlen sich am einsamsten

Politik / 06.05.2025 • 19:00 Uhr
Kinder und Jugendliche fühlen sich am einsamsten
Die Einsamkeit unter Kinder und Jugendlichen nimmt zu. vn/steurer

Neue Studie zeigt überraschende Unterschiede der Altersgruppen. Keine Altersgruppe fühlt sich so einsam als junge Menschen.

Schwarzach Die Coronapandemie ist zwar längst vorbei, aber manche Wirkungen dieser Ausnahmesituation hallen immer noch nach. Etwa die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. In der sensibelsten Entwicklungsphase des Lebens mussten sie auf ihre Freunde in der Schule und den Vereinen verzichten, von Ausgehen ganz zu Schweigen. Das Resultat lässt sich immer wieder in Studien abmessen, jetzt auch in Vorarlberg. Das (bald nicht mehr existente) Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung im Landhaus lässt alle fünf Jahre von der FH Vorarlberg erheben, wie sehr sich die Menschen in Vorarlberg engagieren – und fragt dabei auch das sogenannte Sozialkapital ab. Unter anderem diesmal: Haben Sie in den letzten vier Wochen Einsamkeit erlebt? Zwar antworten knapp drei Viertel mit Nein oder selten. Der Wert der 15- bis 29-Jährigen ist allerdings höher als der Wert aller anderen Altersgruppen.

HIER GEHT ES DIREKT ZUR STUDIE

Für Michael Lederer, Leiter des Büros für Engagement, betont: “Das ist besorgniserregend. Die Einsamkeitserfahrungen nehmen über alle Altersgruppen zu, aber deutlich bei jungen Menschen.” Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer ergänzt: “Das hat mich vor allem im Vergleich mit den über 60-Jährigen überrascht. Vor Corona war vor allem Alterseinsamkeit ein großes Thema.” Studienautor Fabian Rebitzer warnt jedoch: “Alterseinsamkeit ist nach wie vor ein Thema, ich würde die Gruppen nicht gegeneinander ausspielen. Die Erkenntnisse zu den Jugendlichen mögen etwas neu anmuten, aber sie sind sehr valide, wenn man sie mit neuen Studien abgleicht. Sie zeigen, dass Jugendliche nach Corona stark unter Einsamkeit leiden, ausgeprägter als die Älteren.”

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Laut der Studie haben sechs Prozent der Befragten in den letzten vier Wochen meistens ein Einsamkeitsgefühl erlebt, 1,7 Prozent immer. Die Studienautoren stellten dabei einen Geschlechterunterschied fest: “Frauen hatten sich in den letzten vier Wochen signifikant häufiger einsam gefühlt als Männer.” Und eben bei den Altersgruppen: “15- bis 29-Jährige hatten sich signifikant häufiger einsam gefühlt als alle anderen Altersgruppen. Abgesehen davon hatten sich alle Altersgruppen signifikant häufiger einsam gefühlt als 60- bis 74-Jährige”, schreiben sie. Corona ist nur eine Erklärung. Die zweite: Der Vormarsch digitaler Medien, ist Michael Lederer überzeugt. “Dieses Einsamkeitsgefühl hängt sicher mit der digitalen Nutzung zusammen und zeigt, dass man den Jugendlichen qualitative Räume zur Verfügung stellen muss, wo soziales Leben auch analog möglich ist.” Ähnliche Erfahrungen hat Kinder- und Jugendanwalt Netzer gemacht. “Wir merken, dass die Zeit, die in soziale Medien investiert wird, in der physischen Kontaktaufnahme fehlt. Die Zahl der virtuellen Freunde nimmt zu, die Zahl der echten Freunde aber ab.” Junge Menschen würden ihre Probleme seltener mit virtuellen Freunden teilen. “Weil der Druck zur Perfektion in sozialen Medien groß ist”, führt Netzer aus.

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Hauptaugenmerk der Studie gilt aber dem Ehrenamt. Und der Teil zeigt: Ein Drittel aller Befragten engagiert sich in einem Verein oder einer Organisation. Michael Lederer freut sich: “Das ist unsere erste Erhebung nach Corona. Das ist ein erfreulicher Wert, denn wir sind auf demselben Niveau.” Zudem seien Menschen grundsätzlich bereit, sich langfristig zu engagieren, möchten sich aber vermehrt nicht langfristig binden. Zudem wünschen sich jene, die nicht ehrenamtlich tätig sind, ein hohes Maß an Flexibilität, sollten sie sich doch einmal engagieren. Und das wollen einige, betont Studienautor Rebitzer. “49,3 Prozent der Nicht-Engagierten haben zwar unentschlossenes Interesse, aber zumindest Interesse. Und 13,6 Prozent haben ein klares Interesse, sich freiwillig zu engagieren.” Hier gebe es also großes Potenzial, wenn man sie abholen kann.

Die Studie findet viele positive Aspekte. Umgekehrt zur Einsamkeit haben die Autoren gefragt, wer sich in den letzten vier Wochen glücklich gefühlt hat. Auch hier sagten drei Viertel, dass sie meistens oder immer glücklich waren. Nur 0,9 Prozent gaben an, nie glücklich gewesen zu sein.