“Finanzieller Rasenmäher”: So scharf ist die Kritik nach Kürzungen im Sozialbereich

Opposition macht ihrem Unmut im Landtag Luft und wirft Schwarz-Blau soziale Kälte vor.
Bregenz Die schwarz-blaue Koalition fährt einen Sparkurs. Das trifft die Sozialinstitutionen besonders hart, die VN berichteten. Die Kürzungen haben für einen Aufschrei gesorgt und standen auch am Mittwoch im Landtag im Fokus. Die Opposition hielt mit ihrem Unmut nicht hinter dem Berg. Mehr als einmal war die Rede vom „finanziellen Rasenmäher“ und der „sozialen Kälte.“ ÖVP und FPÖ versuchten hingegen zu beschwichtigen. Der Tenor: Die finanzielle Situation sei nun einmal schwierig, es brauche mehr Verantwortungsbewusstsein.

“Koste es, was es wolle”
Für die Sozialdemokraten ist hingegen klar: Gespart wird am falschen Ort. Überhaupt hätte die ÖVP in Bund und Land das Finanzdesaster zu verantworten, kritisierte Mandatarin Manuela Auer. „Warum will das Land bis heute mit allen Mitteln verhindern, dass die Corona-Förderungen öffentlich gemacht werden?“ Damals, in der Pandemie, hieß es: Koste es, was es wolle, erinnerte Auer an Ansagen auf Bundesseite. „Hat es das ‚Koste es, was es wolle‘ je im Sozialbereich gegeben? Nein.“

Die Oppositionspolitikerin betonte: “Ich bin entsetzt und fassungslos über diesen sozialpolitischen Dammbruch.” Sie nannte einige Beispiele: 1,6 Millionen Euro würden beim AKS gekürzt, 660.000 bei der Caritas, 590.000 beim ifs, bei der Lebenshilfe 1,7 Millionen Euro, der neurologischen Reha SMO 377.000, bei Maria Ebene 230.000, Pro Mente 730.000 – insgesamt seien es 5,5 Millionen Euro. „Und es wird noch mehr auf uns zukommen.“ Die Folge: Gestrichene Therapiestunden, mehr Wartezeiten, weniger Eigenständigkeit der Betroffenen, weniger Teilhabe und Lebensqualität, für die Angehörigen verschärfe sich die persönliche Belastung. Es komme zu mehr Armut im privaten Bereich, ist sich die SPÖ sicher.

Auch die Grünen und die Neos stimmten in die Kritik mit ein. “Politik ist Prioritätensetzung. Diese Regierung zeigt ganz klar, wo ihre Prioritäten liegen, im Bau von Straßen und Tunneln”, spielte Christine Bösch-Vetter, Abgeordnete der Grünen, auf Projekte wie die S18 oder den Stadttunnel an. Dabei sei die soziale Sicherheit das Fundament eines Gemeinwesens. Neos-Klubchefin Claudia Gamon sah wiederum ein gutes Beispiel für ein verunglücktes, politisches Vorhaben. “So nehmen Sie sich jegliche Akzeptanz für andere Sparmaßnahmen in der Zukunft”, richtete sie den Regierungsspitzen aus. Sie unterstrich: “Ja, es muss gespart werden. Aber warum gerade bei den Betroffenen?”

Strukturelle Reformen
FPÖ und ÖVP warben um Verständnis. Der Sozialfonds bilde das soziale Netz in Vorarlberg, stellte die Abgeordnete Andrea Kerbleder (FPÖ) klar. In den letzten Jahren seien die Kosten aber massiv gestiegen. “Und das müssen wir gemeinsam erkennen, dass die Entwicklung nicht so weitergehen kann.” Es brauche entsprechende Maßnahmen und Einsparungen, damit die Leistungen für Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, die Hilfe brauchen, auch in Zukunft sichergestellt seien. Strukturelle Reformen seien unabdingbar, nicht nur im Sozialbereich.

Auch Soziallandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) sprach von großen Herausforderungen für alle öffentlichen Haushalte, von den Gemeinden über die Länder bis zum Bund. Sie bedaure, dass es im Land bei einzelnen Leistungen zu Kürzungen gekommen sei – und diese nicht über strukturelle Einsparungen, Rücklagen oder Umschichtungen abgefangen werden konnten. Den Kritikerinnen und Kritikern in den Reihen der Opposition richtete sie aus: “Ich weise den Vorwurf der sozialen Kälte entschieden zurück. Wir schaffen keine Ungleichheit, wir setzen Prioritäten.” Das geschehe nicht aus Kälte, sondern aus Verantwortung.