Mai 1945: “Das Haus hat gebrannt, von allen Seiten wurde geschossen”

Politik / 07.05.2025 • 15:49 Uhr
Mai 1945: "Das Haus hat gebrannt, von allen Seiten wurde geschossen"
Der Historiker und Politiker berichtet über die Geschehnisse vor 80 Jahren in der Erlachstraße. VN/Stiplovsek

In den letzten Kriegstagen wurde das Zuhause von Arnulf Häfeles Familie in Hohenems vollständig zerstört.

Hohenems Es war in den letzten Kriegstagen, am Nachmittag des 2. Mai 1945, als das Elternhaus von Arnulf Häfele in der Hohenemser Erlachstraße Schauplatz von Kämpfen zwischen Franzosen und Teilen der sich zurückziehenden deutschen Wehrmacht wurde und schließlich bis auf die Grundmauern niederbrannte. Der Historiker und Kommunalpolitiker war damals zwar noch nicht geboren, er kam 1946 zur Welt. Doch im VN-Gespräch berichtet er über die Ereignisse aus der Familiengeschichte, als wäre er selbst dabei gewesen. Auch über das Wetter weiß er Bescheid: es schneite ganz leicht. Einer seiner Brüder, das damals jüngste Kind der Familie, war noch ein Baby, hinter seinem Kinderwagen hätten Soldaten Deckung gesucht. “Das Haus hat gebrannt, von allen Seiten wurde geschossen. Er meinte, man spielt, hat das noch nicht verstanden.” Nach dem Brand stand die Familie vor den Ruinen ihres Besitzes.

SS errichtete Panzersperre

Dass ausgerechnet bei Häfeles Elternhaus gekämpft wurde, hat einen Grund. Die SS habe in der Erlachstraße eine Panzersperre errichtet, erläutert der frühere SPÖ-Politiker, der nun mit eigener Liste in der Hohenemser Gemeindevertretung sitzt. “Die Deutschen wollten sich über den Arlberg retten, um in amerikanische Gefangenschaft zu kommen, nicht in französische. Bei dieser Panzersperre kamen die Franzosen nicht weiter, sie haben mit Phosphor geschossen.” Da geriet das Haus in Brand, zwei weitere seien ebenfalls zerstört worden. Die Familie hatte zuvor Schutz im Keller gesucht, gemeinsam mit Nachbarn und einem deutschen Soldaten, der nicht mehr kämpfen wollte. Als der Boiler zerstört wurde und heißes Wasser in den Keller floss, flüchteten sie ins Freie. “Der Soldat hat sein Gewehr gesucht und kämpfte wieder.”

Erlachstraße 29, 1944
So sah das Haus vor der Zerstörung aus.

Die Flammen zerstörten das Haus und das, was sich darin befand. Wertvolle Bücher, wissenschaftliche Werke, Manuskripte, eine berühmte Münzensammlung – all das war nach dem Brand verloren. Das galt auch für persönliche Gegenstände von Theodor Elkan und dessen Sohn Hans, der in Dornbirn als Geschichtelehrer arbeitete. Es waren persönliche Freunde von Franz Häfele. Die Elkans waren eine jüdischen Familie, die schon sehr lange in Hohenems gelebt hatte. Sie hielten es nicht für möglich, dass ihnen etwas passieren könnte und wollten nicht in die Schweiz fliehen. Die Nationalsozialisten ermordeten die gesamte Familie im KZ Theresienstadt. Das ehemalige Wohnhaus in Hohenems trägt heute den Namen Elkan-Haus.

Ziegelsteine aus der Brandruine

Der Krieg endete am 8. Mai 1945, das NS-Terrorregime war besiegt. Vorarlberg stand unter französischer Besatzung. In den französischen Truppen dienten viele Marokkaner. Als am 22. Juni Sidi Mohamed Ben Jusseff, Sultan von Marokko, das befreite Vorarlberg besuchte und in Bregenz eine Siegesparade abnahm, gab es in mehreren Gemeinden Feiern, schildert Arnulf Häfele. In Hohenems, beim Gasthof “Schiffle”, bauten die marokkanischen Soldaten Öfen, um zur Feier des Tages geschächtete Schafe zu braten – aus Ziegelsteinen der Brandruine der Familie Häfele in der Erlachstraße.

Dass das Haus schließlich wieder aufgebaut werden konnte, ist nach Angaben des Historikers auch dem Nachkriegsbürgermeister der Stadt, Hanni Amann zu verdanken. “Er hat alle Bürgerinnen und Bürger gleich gehandelt und sich darum bemüht, dass man wieder zu einem normalen Leben kommt.”

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.