Kommentar: Setzt Prioritäten!

Politik / 08.05.2025 • 07:15 Uhr
Kommentar: Setzt Prioritäten!

In den letzten Tagen habe ich gleich an drei Stellen Interessantes zum Klimawandel gesehen. Am Donnerstag letzter Woche erschien ein Artikel im britischen Guardian, auf Bluesky sah ich ein Video, das einen Ausschnitt aus einer Rede von Carl Sagan (1934-1996, US Naturwissenschafter und Wissenschaftskommunikator) zeigt, und in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ ist ein Artikel von Stefan Rahmstorf über den Golfstrom erschienen.

Im Artikel des Guardian geht es um britische Banken, die zwischen 2016 und 2023 75 Milliarden Pfund, das sind etwa 90 Milliarden Euro, an Unternehmen gegeben haben sollen, die sogenannte „Carbon Bombs“ – großangelegte fossile Projekte mit enormem CO₂-Ausstoß – entwickeln. Wenn diese Projekte umgesetzt werden, würden sie bis zu 420 Gigatonnen CO2-Emissionen produzieren. Das ist mehr als das Zehnfache dessen, was zur Zeit global pro Jahr ausgestoßen wird.

Im Artikel „Kipppunkt voraus? Die atlantische Umwälzströmung droht zu erlahmen“ im Spektrum der Wissenschaft beschreibt Stefan Rahmstorf den aktuellen Wissensstand zur Veränderung der bei uns unter dem Namen Golfstrom bekannten Meeresströmung. Die AMOC (Atlantic Meridional Overturning Circulation) transportiert nämlich enorme Wärmemengen im Atlantik nach Norden und beeinflusst unser Klima und das Wetter weltweit. Eine Schwächung oder gar ein Stopp dieser Strömung hätte dramatische Auswirkungen. Im Artikel legt Rahmstorf dar, dass mehrere Indizien nahelegen, dass der Langzeittrend der Abschwächung (seit dem frühen oder mittleren 20. Jahrhundert) „tatsächlich eine Folge der durch fossile Brennstoffe verursachten globalen Erwärmung ist“.

Im Ausschnitt der Rede von Carl Sagan an der Universität von North Carolina betonte er schon 1990, dass die USA während des Kalten Krieges enorme Summen (10 Billionen Dollar) in die Rüstung investierten, obwohl die Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges relativ gering war. Zumindest nicht 100-prozentig sicher. Argumentiert wurde damals nämlich so, dass selbst bei einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit eines Atomkrieges das immense Schadenspotenzial umfangreiche Vorsorgemaßnahmen rechtfertige. Er stellte die Frage, warum nicht die gleiche Logik auf den Klimawandel angewendet wird, dessen Auswirkungen auch enorm sein können; und die wir heute – 35 Jahre später – bereits deutlich spüren.

Heute stellt sich wieder die Frage, wie wir unsere Prioritäten setzen. In welchen Bereichen wollen wir Geld investieren? Wie gehen wir mit Bedrohungen um? Und wie mit den Auswirkungen der Klimakrise?

Der Vorarlberger Simon Tschannett ist Meteorologe und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Stadtklimatologie.