Wolf-Abschuss ohne Nutztier-Riss: Tirol prescht voran, Vorarlberg möchte folgen

Politik / 18.06.2025 • 14:42 Uhr
Wölfe haben in diesem Jahr für viel Aufsehen in Vorarlberg gesorgt. APA/HANS KLAUS TECHT
Immer wieder sorgt der Wolf für hitzige Debatten. APA/Techt

Nachbarbundesland will “Risikowölfe” schneller erlegen. Verordnung wäre keine mehr nötig.

Schwarzach Eine existenzielle Bedrohung der Alpwirtschaft oder übertriebene Ängste? Kaum ein Wildtier sorgt derzeit für so viele Kontroversen wie der Wolf. Immer wieder kommt es zu Nutztierrissen, auch in Vorarlberg. Die einen, insbesondere Vertreter der Landwirtschaft, fordern mehr Möglichkeiten, gegen die Raubtiere vorzugehen. Die anderen, etwa die Umweltschutzorganisation WWF, bezeichnen den Wolf als natürlichen und unverzichtbaren Bestandteil der heimischen Natur, und pochen auf stärkere Herdenschutzmaßnahmen. Durch neueste Entwicklungen auf EU-Ebene sehen sich Gegnerinnen und Gegner des Wolfs nun bestätigt. In Tirol will die Landesregierung eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen. Damit können beobachtete Wölfe, die als Risiko gelten, geschossen werden, auch wenn sie noch keine Tiere gerissen haben. In Vorarlberg wäre laut Land Ähnliches denkbar.

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“Um Almen herumschleichen”

Die Tiroler Regierung gab ihre Pläne diese Woche bekannt. Bis zum Alpsommer 2026 soll die Änderung des Tiroler Jagdgesetzes in Kraft treten. Die Rede ist von “Risikowölfen”. Sollten diese, wie das bereits vielfach geschehen sei, “rund um Almen herumschleichen” und würden dabei ertappt, sollen sie schnell erlegt werden können, nennt Landesrat Josef Geisler (ÖVP) ein Beispiel. Eine Verordnung sei dafür nicht mehr notwendig. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) erklärt, dass der europäische Rechtsrahmen ausgereizt werden soll.

Wolf-Abschuss ohne Nutztier-Riss: Tirol prescht voran, Vorarlberg möchte folgen
Landesrat Gantner pocht schon länger auf mehr Möglichkeiten, gegen den Wolf vorzugehen, auch präventiv. VN/Hartinger

Die EU hat den Schutzstatus des Wolfs von “streng geschützt” auf “geschützt” abgestuft. Anfang Juni stimmte auch der Rat der Ministerinnen und Minister der Änderung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zu. Diese Änderung soll den Staaten mehr Flexibilität beim Management der Wolfspopulationen ermöglichen. Gleichzeitig müssen sie weiterhin einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfs sicherstellen.

Wolf-Abschuss ohne Nutztier-Riss: Tirol prescht voran, Vorarlberg möchte folgen
Tirols Landeshauptmann Mattle kündigte die geplante Novelle gemeinsam mit Stellvertreter Geisler an. APA/Expa/Groder

Vorarlbergs zuständiger Landesrat Christian Gantner (ÖVP) kann der Vorgehensweise in Tirol einiges abgewinnen. “Die Herabsetzung des Schutzstatus ist der erste Schritt”, sagt er. Ziel sei es, dass problematische Wölfe auch wirklich entnommen werden können. In der Vergangenheit hatte er bereits eine Jagdfreigabe gefordert, damit sich kein Rudel im Land niederlässt. Auf die Frage, ob er sich eine ähnliche Vorgehensweise wie die Landesregierung in Innsbruck vorstellen kann, antwortet er: “Wir arbeiten auch in diese Richtung.”

Frage des Erhaltungszustandes

Wolfsgegner verweisen auch auf ein vor kurzem ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Estland. Es besagt: Selbst wenn der Wolf als gefährdet eingestuft ist, kann sein Erhaltungszustand als günstig gelten und er zur Jagd freigegeben werden. Demnach ist es auch möglich, den Austausch der Population im eigenen Hoheitsgebiet mit anderen Ländern zu berücksichtigen.

Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger (ÖVP) glaubt nun an mehr Möglichkeiten zur Wolfsregulierung in den Jagdgesetzen der Bundesländer. “Es kann nicht sein, dass immer erst etwas passieren muss und unzählige Formulare auszufüllen sind, bevor wir unsere Nutztiere schützen können”, hält er fest. Auch Gantner unterstreicht seine Haltung, dass Population und Erhaltungszustand nicht auf ein Land eingeschränkt, sondern größer gedacht werden müsse. “Nicht der Wolf ist in Gefahr, sondern die Alpwirtschaft.”

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Der Wolf galt in Mittel- und Westeuropa lange Zeit als ausgerottet. Das hat sich geändert. Laut der EU-Kommission leben in Europa mittlerweile wieder mehr als 20.000 Wölfe.