Krieg gegen Iran: “Das wird auch politisch teuer für Israel”

Politik / 23.06.2025 • 16:31 Uhr
Krieg gegen Iran: "Das wird auch politisch teuer für Israel"
Dichter Rauch über Teheran: Die aktuelle Situation beschreibt Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger als “extrem schwierig”. AFP/privat

Der Vorarlberger Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger berichtet über die aktuelle Stimmung im Iran und die Rolle der USA im Konflikt.

Teheran, Wien Die Kampfhandlungen zwischen Iran und Israel gehen weiter. Israel hat Zufahrtswege der unterirdischen Atomanlage Fordo zur Urananreicherung, die am Wochenende von den USA attackiert worden war, blockiert. Ein anderes Ziel war das berüchtigte Ewin-Gefängnis in der Hauptstadt. Auch in Tel Aviv und Jerusalem gab es am Montag Raketenalarm nach iranischen Angriffen. “So ziemlich alle meiner Studierenden machen sich große Sorgen. Viele sind iranische Kurden”, beschreibt der Vorarlberger Politikwissenschafter Thomas Schmidinger die Stimmung im Nachbarland Irak. Hier unterrichtet er das halbe Jahr an der Universität in Erbil.

In Teheran sei die Situation aktuell extrem schwierig, schildert der Politikwissenschaftler. In den ersten Tagen habe Israel gezielt Nuklearwissenschaftler und Ziele des Regimes angegriffen. “Mittlerweile gibt es Flächenbombardements mit vielen zivilen Opfern.” Tausende Menschen sind auf der Flucht in ländliche Regionen.

Seine Studierenden aus dem Iran seien zwar alle in strikter Opposition zum iranischen Regime. Aber, so Schmidinger: “Es sind sich auch alle einig, dass die aktuelle Situation das Regime innenpolitisch nur stärken und noch autoritärer machen wird.” Denn auch viele Regimegegner versammeln sich jetzt sprichwörtlich um die Flagge. “Der Angriff hat die Opposition massiv geschwächt.” Der iranischen Demokratiebewegung wurde zudem vom Regime immer schon unterstellt, mit Israel unter einer Decke zu stecken. Das passiere nun noch viel mehr.

Die Situation sei nicht mit dem Krieg im Irak 2003 vergleichbar, sagt Schmidinger: “Es gibt niemanden, der ernsthaft daran denkt, mit Bodentruppen in den Iran einzumarschieren und das Regime zu stürzen.” Der Iran ist zum einen ein viel größeres Land und hat zum anderen viel gefestigtere politische Strukturen, als sie der Irak 2003 hatte.

Putin und Trump meldeten sich

Der russische Präsident Wladimir Putin sagte dem Iran angesichts der Luftangriffe Israels und der USA Unterstützung zu, verriet aber nicht, wie diese aussehen wird. US-Präsident Donald Trump hatte zuvor die US-Unterstützung für einen Wechsel der Führung der Islamischen Republik angedeutet. “Die USA wurden gewissermaßen von Israel in den Konflikt hineingezogen”, sagt Schmidinger den VN.

Aktuell geht er jedoch nicht davon aus, dass die USA nach den Angriffen auf die Atomanlagen nachlegen werden, außer der Iran übt massiv Vergeltung an den USA. “Auch Israel wird diesen Krieg in dieser Form nicht monatelang weiterführen können. Den Iran nur aus der Luft anzugreifen, wird teuer. Und es wird auch politisch irgendwann teuer”, sagt der Politikwissenschaftler. Denn der gesamte Nahe Osten ist betroffen. “Ein längerer Krieg würde auch bei Israels Verbündeten wie Jordanien auf Unmut stoßen.”

Folgen für Österreich

Die EU sei extrem besorgt über die jüngste Entwicklung im Nahen Osten, sagte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Montagvormittag in Brüssel, wo die Außenministerinnen und Außenminister der 27 EU-Staaten zu einer Ratssitzung zusammenkommen. Das Risiko einer Eskalation sei groß. “Speziell eine Schließung der Straße von Hormuz durch den Iran wäre extrem gefährlich und für niemanden gut.” Diese ist wichtig für den Öltransport durch den Iran. In der Eurozone würde ein Anstieg dieser Größenordnung die Einfuhrkosten um etwa ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen. Für Österreich würde dies bedeuten, dass die Inflationsrate bis Ende 2025 auf bis zu 5 Prozent steigt, schätzt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner.