Junge “Systemsprenger” fordern auch Vorarlbergs Polizei

Politik / 30.06.2025 • 14:50 Uhr
Junge "Systemsprenger" fordern auch Vorarlbergs Polizei
Einbruch, Diebstahl und Sachbeschädigung sind die häufigsten Delikte bei Zehn- bis 14-Jährigen. APA/Herbert Pfarrhofer

Polizeiliche Anzeigestatistik zeigt einen Anstieg der Jugendkriminalität. Die Polizei setzt auf gezielte Präventionsmaßnahmen.

Schwarzach Die “Sorgenkinder” werden mehr – zumindest wenn man die Kriminalitätsstatistik betrachtet. Die polizeiliche Anzeigenstatistik zeigte im Vorjahr eine “massive Zunahme der Jugendkriminalität”, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) es formulierte. Nun liegen im Rahmen einer Anfragebeantwortung auch detaillierte Zahlen für Vorarlberg vor.

Die grüne Sicherheitssprecherin Agnes-Sirkka Prammer wollte von Karner wissen, wie viele minderjährige Tatverdächtige registriert wurden. In Vorarlberg waren das im Vorjahr insgesamt 45 Anzeigen gegen Unter-Zehnjährige. 2023 waren es 50 und 2022 51 Anzeigen. In der Altersgruppe der Zehn- bis 14-Jährigen wurden 462 Anzeigen eingebracht. 2023 waren es noch 351 und 2022 294 Anzeigen. Es handelt sich um einen österreichweiten Trend: Die Anzeigen mit Tatverdächtigen im Alter von zehn bis 14 Jahren haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. 2024 gab es hier 12.049 Anzeigen.

Systemsprenger verzerren Statistik

Auf Nachfrage hebt die Landespolizeidirektion Vorarlberg hervor, dass der Anstieg der Anzeigenzahlen in den Jahren 2022 bis 2024 nicht auf eine generelle Zunahme an straffälligen Unmündigen zurückzuführen ist. “Auch in Vorarlberg gibt es die Tendenz, dass eine geringe Zahl an unmündigen oder jugendlichen Tatverdächtigen für eine überproportional hohe Anzahl an strafbaren Handlungen verantwortlich ist”, erklärt ein Sprecher. Er hebt hervor, dass zahlreiche Delikte von wenigen, besonders auffälligen Jugendlichen – sogenannten “Systemsprengern” – verübt werden. Dabei handelt es sich um minderjährige bzw. unmündige Intensivtäter, die mehr als 50 Taten pro Monat auf ihr Konto bringen.

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In Vorarlberg sind laut Landespolizeidirektion die häufigsten Delikte bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis 14 Jahren Eigentumsdelikte wie Diebstahl, Sachbeschädigung und Einbruchsdiebstahl. Im Bereich der Internetkriminalität lässt sich hingegen kein signifikanter Anstieg bei Jugendlichen feststellen. Hinsichtlich des Geschlechts sei auffallend, dass über drei Viertel der jugendlichen Tatverdächtigen männlich sind.

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Maßnahmen bei Unmündigen

Der Innenminister forderte als Reaktion auf die sprunghaft gestiegenen Zahlen im Sommer 2024 die Herabsetzung des Alters bei der Strafunmündigkeit. Dieser Vorschlag hatte bei Experten, aber auch in Polizeikreisen für Skepsis gesorgt und ist nun auch kein Thema mehr in der neuen Regierung von ÖVP, SPÖ und Neos. Jedoch sprach Karner eine Novelle des Heimaufenthaltsgesetzes an: Das soll laut dem Innenminister ermöglichen, Intensivtäter “gefängnisähnlich” unterzubringen.

“Auch die Polizei in Vorarlberg nimmt diese Entwicklungen sehr ernst”, sagt der Sprecher. Es bestehe eine enge und regelmäßige Zusammenarbeit mit den relevanten Systempartnern im Land. Ziel sei die möglichst umfassende Betreuung und Aufarbeitung im Umgang mit jugendlichen Tatverdächtigen. Ein wesentlicher Baustein dieser Maßnahmen ist die polizeiliche Kriminalprävention, die gezielt an Kinder und Jugendliche gerichtet ist.

Vier Präventionsprogramme im Land

In Vorarlberg werden aktuell vier themenspezifische Präventionsprogramme angeboten, die sowohl in Schulen als auch in Vereinen durchgeführt werden. Dazu gehört “All Right – Alles was Recht ist!“, das Jugendlichen rechtliches Basiswissen vermittelt. Das soll etwa gewaltfreie Konfliktlösung und Zivilcourage fördern. Bei “Click & Check” geht es um Gefahren im Internet, den Schutz der Privatsphäre und sicheres Verhalten in sozialen Netzwerken. “Look@your.life” thematisiert Suchtmittel und “Re#Work“, das neueste Programm, beschäftigt sich mit Radikalisierung und Extremismus. Alle Programme werden derzeit von acht speziell geschulten Polizeibediensteten in Vorarlberg umgesetzt.