Bedrohlich steigende Schulden

Politik / 20.07.2025 • 14:37 Uhr
Bedrohlich steigende Schulden
Im kommenden Jahr wird mehr Geld für Zinszahlungen aufgewendet werden als für Kindergärten und Volksschulen insgesamt: Die Entwicklung sei besorgniserregend, sagt ein Experte. Foto: APA

Zinszahlungen der Republik Österreich auf dem Weg zu über 1000 Euro pro Kopf und Jahr.

SCHWARZACH. Allein die Zinszahlungen für Staatsschulden haben im vergangen Jahr 7,3 Milliarden Euro betragen. Das war ungefähr zwei Mal mehr als für Umweltschutz, innere Sicherheit (Polizei) und Verteidigung durchschnittlich bzw. jeweils ausgegeben wurde. Es übertraf auch die Kosten, die mit der Arbeitslosigkeit einhergingen (6,1 Milliarden Euro) und lag nicht weit unter den Gesamtausgaben für Kindergärten und Volksschulen (8,6).

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Mittlerweile dürften die Zinszahlungen ähnlich groß sein und im kommenden Jahr sogar wesentlich größer werden als diese: Laut Fiskalrat werden sie dann bei 9,6 Milliarden Euro liegen und den Aufwendungen für Familien (2024: 10,1 Milliarden) nahegekommen sein. Es wird sich jedenfalls um mehr als 1000 Euro pro Kopf handeln, vom Kleinkind bis zum Greis.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung seien die Zahlungen schon einmal „deutlich höher“ gewesen, erklärt Johannes Holler vom Büro des Fiskalrates. Beruhigend ist das jedoch nicht: Das Problem sei, dass die Tendenz stark steigend ist. Ausschlaggebend dafür seien die hohe Neuverschuldung insbesondere des Bundes sowie ein höheres Zinsniveau als in der Vergangenheit.

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Vor wenigen Jahren herrschten „Null-Zinszeiten“: „Da hätte man vorsorgen müssen“, erklärt Holler: „Das hat man jedoch nicht getan, und das rächt sich jetzt.“

„Die gegenwärtige Dynamik ist besorgniserregend“, bestätigt WIFO-Budgetexperte Hans Pitlik. Dass die Zinszahlungen gemessen am BIP nach einem Prozent vor drei Jahren 2029 voraussichtlich rund zweieinhalb Prozent betragen werden, klinge nach wenig: „Das sind aber 12, 13 Milliarden Euro, die wir ausgeben müssen, ohne etwas dafür zu bekommen.“

Bedrohlich steigende Schulden
Zum Problem kommt dazu, dass auch alterungsbedingt steigende Kosten für Pensionen, Gesundheit und Pflege bewältigt werden müssen. Foto: APA

„Das wird uns auch fehlen, um den Wohlfahrtsstaat zu finanzieren“, betont sein Kollege Simon Loretz. Es sei umso schwerwiegender, als man ohnehin schon mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert sei, verweist er auf alterungsbedingt steigende Kosten für Pensionen, Gesundheit und Pflege sowie erheblichen Investitionsbedarf im Sicherheitsbereich und im Zusammenhang mit dem Klimaschutz etwa.

„Zinsen zahlen, heißt Stillstand finanzieren“, meint Denes Kucsera von der wirtschaftsliberalen Denkfabrik „Agenda Austria“: „Von Zinsen kann man sich nichts kaufen: „Jeder Cent, der für vergangene Kredite aufwendet wird, fehlt für Bildung, Forschung, Innovation oder Infrastruktur, wo der Schlüssel zu Wachstum liegen würde.“

Bedrohlich steigende Schulden
„Die Richtung ist klar”, sagt Denes Kucsera: “Finanzpolitisch steuert Österreich derzeit auf italienische Verhältnisse zu.“    Foto: Agenda Austria, Rössle

Langfristprognosen sind mit Vorsicht zu genießen. Kucsera warnt jedoch, dass der Schuldendienst gemessen an der Wirtschaftsleistung schon bei einem „normalen Zinsniveau“ alles übertreffen werde, was man in den vergangenen Jahrzehnten erlebt habe. Und dass es bei einem höheren Zinsniveau noch viel heftiger werden würde: „Dann müsste der Staat künftig jeden siebten Euro allein für Zinszahlungen aufwenden“, so Kucsera: „Die Richtung ist klar, finanzpolitisch steuert Österreich derzeit auf italienische Verhältnisse zu.“