Zu wenige Tierärzte in Vorarlbergs Ställen: So will das Land gegensteuern

Kammerpräsident warnt vor Ende der Vollbetreuung in Randlagen. Zweifel, ob Maßnahmen das Problem an der Wurzel packen.
Bregenz Vorarlbergs Viehwirtschaft sieht sich einem Fachkräftemangel gegenüber: 2022 waren es noch 38 Tierärzte in acht reinen Großtierpraxen und 16 gemischten Groß- und Kleintierpraxen in Vorarlberg. 2024 kümmerten sich 25 Tierärzte in insgesamt 18 Praxen um das Vieh auf Bauernhöfen und Alpen. Heuer sind es 24, ein Pensionsantritt im Oberland steht an.
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Dabei gäbe es ausreichend Veterinärmediziner und Absolventen der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Doch Tierarzt für Milchkühe zu sein, das will längst nicht jede und jeder Absolvent des immer weiblicher werdenden Berufsfeldes. Lange Arbeitswege in die Stallungen und der mit der Arbeit im Stall verbundene Dreck und Geruch unterscheiden sich doch von der Arbeit in der gepflegten Praxis mit Hund, Katze und Kaninchen, weiß auch Vorarlbergs Tierarztkammerpräsident Robert Griss. Hinzu kommt, dass die Motivation für das Studium zum Tierarzt selten das Interesse am Nutzvieh und der Lebensmittelproduktion ist, weiß auch Griss. Daher ist der Mangel keine Vorarlberger, sondern eine europäische Herausforderung.
Bereits seit Jahren warnt die Tierärztekammer vor dem drohenden Totalausfall in den Talschaften und auf den Alpen abseits der Ballungszentren. So kümmert sich etwa ein Tierarzt für das gesamte Große Walsertal, ebenfalls bereits jenseits der 60 Jahre.
Darauf setzt das Land
Beim Land ist man sich den Herausforderungen bewusst und arbeite gemeinsam mit der Kammer und anderen Partnern an mittel- und langfristigen Lösungen. So wird versucht, Personen mit entsprechenden Vorkenntnissen und Interessen für den Beruf zu begeistern. Mit regelmäßigen Informationsveranstaltungen am BSBZ Hohenems sollen junge Menschen mit landwirtschaftlichem Hintergrund für das Studium begeistert werden. Bei einem Vorbereitungskurs zur Aufnahmeprüfung zur Veterinärmedizin werden die Interessenten gezielt vorbereitet, um den Weg ins Studium zu ebnen.
Auf der finanziellen Seite verweist Landesrat Christian Gantner auf die 2023 eingeführte pauschale Entschädigung für den Wochenend- und Notdienst in acht Versorgungsregionen. Zudem wird die Anstellung junger Tierärztinnen und Tierärzte finanziell unterstützt, da sich zeigte, dass sich junge Tierärzte am ehesten im Umfeld einer Gemeinschaftspraxis für die Versorgung von Pferd und Rind gewinnen lassen.
“Idealisten”
Jene Versorgungseinheiten-Lösung ist aus Sicht von Griss “nicht optimal”: In der Region Bludenz-Montafon wären die beiden Tierärzte allein schon aufgrund des Arbeitsaufwands von Natur aus beide jedes Wochenende im Einsatz. Diese teilen sich daher die Pauschale von 800 Euro unter sich auf.
Und am grundsätzlichen Problem ändere jede finanzielle Unterstützung nichts: Einem Absolventen der Veterinärmedizin stehe nach dem Studium in der großen Stadt Wien die Welt offen. “Das sind Spitzenleute mit unendlich vielen Möglichkeiten”, betont der Tierarzt. “Wer sich dann für die Landwirtschaft entscheidet, ist ein Idealist.”
Landwirte erwarten Vorschläge
“Ich erwarte mir von einem Standesvertreter Antworten, die Analyse alleine ist zu wenig”, reagiert LK-Präsident Josef Moosbrugger auf das Interview mit dem Tierärztekammer-Präsidenten. Seine Vorschläge: Eventuell würde ein Studium der Nutztierhaltung an der Veterinärmedizinischen Universität, Gemeinschaftspraxen als Mittel für bessere Familienverträglichkeit und Tierärztliches mobiles Fachpersonal zur Entlastung voll ausgebildeter Tierärzte.
In Grenzregionen, etwa zu Deutschland, würde sich Moosbrugger “mehr Flexibilität” erwarten. So müsse es ermöglicht werden, dass grenznahe Praxen auch in Österreich tätig sein dürften.