Warum Vorarlberger ihre Kinder lieber zu Hause betreuen als andere

Studie beleuchtet Gründe, warum Eltern ihre Kinder nicht in Kindergärten oder Kleinkindgruppen schicken wollen.
Feldkirch “Ich finde, daheim ist das Kind einfach am besten betreut.” Oder: “Vollzeitbetreuung, das musst du dir finanziell leisten können.” Diese Aussagen stammen von Eltern, die für eine Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) der Universität Wien in Vorarlberg befragt worden sind und verdeutlichen die Gründe, warum sie ihre Kinder nicht oder nur eingeschränkt in Kleinkindgruppen oder Kindergärten schicken. Neben traditionellen Rollenbildern kommen auch strukturelle Hürden, etwa die Kosten, infrage. “Vor allem Mütter erfahren oft widersprüchliche gesellschaftliche Ansprüche und werden entweder als ‚Karrierefrau‘ oder ‚Gluckenmutter‘ bezeichnet”, sagt Studienautorin Christine Geserick.
Ganztägiger Besuch eher die Ausnahme
Die Arbeiterkammer hat die Studie in Auftrag gegeben. Bei einer Pressekonferenz verwies sie auf eine paradoxe Situation in Vorarlberg: Zwar besuchen überdurchschnittlich viele Kinder im Alter von eins bis unter sechs Jahren einen Kindergarten oder eine andere elementarpädagogische Einrichtung. Doch die Dauer ist vergleichsweise niedrig. Der Anteil an Kindern in ganztägiger Betreuung oder über Mittag ist in Vorarlberg im Bundesvergleich am geringsten. Während österreichweit mehr als die Hälfte aller Kinder ganztägig betreut werden, sind es in Vorarlberg nur rund 18 Prozent.
Im Mittelpunkt der Studie stehen Eltern mit Kindern im Alter zwischen null und fünf Jahren, die entweder geringfügig eine Kinderbetreuung besuchen oder ganz darauf verzichten. 19 Personen nahmen an der Erhebung teil, 17 Mütter und zwei Väter. Mit ihnen gab es im November des Vorjahrs vertiefende Interviews.
Die Interviews zeigen zwei Leitmotive: Zum einen familiäre Sorgearbeit aus Überzeugung. Diese Eltern sind Fremdbetreuung gegenüber eher skeptisch eingestellt. Das zweite Leitmotiv sind strukturell-finanzielle Bedingungen und Hürden. Die Mütter und Väter befürworten Kinderbetreuung, können sie aber nicht in dem Ausmaß nutzen, wie sie das gerne hätten, etwa weil es nicht genug Plätze gibt oder die Kosten zu hoch sind.
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Das ÖIF wertete zudem Daten des “Generations & Gender Programme” (GGP) der Vereinten Nationen für Vorarlberg aus. Sie zeigen gesellschaftliche Erwartungen an Mütter. Die Daten zeigen: Rund die Hälfte der befragten Männer stimmt der Aussage zu, dass ein Kind, welches noch nicht zur Schule geht, unter der Erwerbstätigkeit der Mutter leidet. 30 Prozent der Frauen teilen diese Ansicht. In Wien sind es 28 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen. Auch bei Aussagen zur idealen Arbeitszeit für Mütter eines zweijährigen Kindes zeigen sich große Unterschiede: 83 Prozent der Frauen in Vorarlberg halten 20 Wochenstunden oder weniger für ideal, in Wien sind es 53 Prozent.
Kritik an Förderstopp
Arbeiterkammer und Studienautorin Geserick verweisen auf den wissenschaftlichen Konsens, wonach frühkindliche Bildung ihr volles Potenzial nur bei hoher Qualität entfalten könne. AK-Präsident Bernhard Heinzle kritisiert in diesem Zusammenhang auch den Förderstopp für Elternbeiträge in privaten Einrichtungen für Dreijährige. Die Kammer pocht auf Verbesserungen im Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz. Als Ziel nennt sie etwa einen Rechtsanspruch auf Elementarbildung sowie kostenlose, ganztägige Angebote.