Große Fragezeichen hinter dem Umgang mit dem Klärschlamm: Planungen möglicherweise über Jahre zurückgeworfen

Politik / 19.11.2025 • 17:30 Uhr
Abwasserreinigungsanlage
Meiningen gehört zu den größten Kläranlagen des Landes. Hier sollte die Verbrennungsanlage gebaut werden. Daraus wird wohl nichts. VN

Eigentlich sollte eine Verbrennungsanlage entstehen. Doch dieses Projekt muss einen herben Rückschlag verdauen.

Meiningen, Bregenz Rund 40.000 Tonnen Klärschlamm fallen in Vorarlberg jährlich an. Nach wie vor ist ungeklärt, wie damit in Zukunft umgegangen werden soll. Eigentlich hätte in Meiningen eine Verbrennungsanlage entstehen sollen. Doch diese Pläne haben einen herben Rückschlag erlitten. Nun rätselt man im Land, wie es weitergehen soll. Im Dezember steht eine große Sitzung an.

PFAS und Medikamente

Die Vorgaben, was mit dem Klärschlamm passiert, änderten sich im Laufe der Jahrzehnte. Wurde er früher noch als Dünger verwendet, musste er später kompostiert werden, damit er weiterhin für die Felder infrage kommt. Der Landtag nickte eine Gesetzesänderung ab, die auch Klärschlammkompost als Düngemittel untersagt. Für Vorarlberg kein Problem: 0,1 Prozent des Klärschlamms wurden hierzulande noch kompostiert und als Dünger verwendet. Christoph Schneffknecht, Leiter des Vorarlberger Umweltinstituts, ist froh darüber: “Fachlich ist das vollkommen vernünftig, wenngleich eigentlich nur die aktuelle Situation nun auch gesetzlich verankert wird.” Fachlich, weil sowohl die Industriechemikalien, die unter PFAS zusammengefasst werden, in den Böden landen, als auch, weil Medikamentenrückstände im Klärschlamm zu finden sind.

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Der Grund, warum Klärschlamm dennoch lange Zeit auf den Feldern landete, heißt Phosphor, er gilt als Baustein des Lebens und ist für Menschen und Pflanzen essenziell. Der Mensch nimmt Phosphor zu sich, scheidet ihn wieder aus, womit er im Abwasser und schließlich im Klärschlamm landet. Das Problem dabei: Phosphor ist ein endlicher Rohstoff, wie zum Beispiel Öl. Irgendwann geht er aus. Österreich hat die Kläranlagenbetreiber daher in naher Zukunft zur Rückgewinnung verpflichtet. Mehrere Verfahren stehen vor der Marktreife. Am vielversprechendsten ist die Rückgewinnung in den Verbrennungsanlagen. Bisher wird der Klärschlamm zwar auch verbrannt, Phosphor landet aber in der Luft.

Ins Ausland transportiert

Vorarlbergs Klärschlamm landet derzeit im Ausland. Bei einigen Kläranlagen wird er getrocknet, womit er auf ein Drittel der Masse zusammenschrumpft, was wiederum zwei Drittel Transportkosten spart. Allerdings benötigt die Trocknung sehr viel Energie, was wiederum viel Geld kostet und sich auf die Gebühren niederschlägt. Vor einigen Jahren gab die Landesregierung eine Studie in Auftrag, die herausfinden sollte, wie Vorarlberg am besten mit dem Klärschlamm umgeht. Das Resultat: Eine eigene Verbrennungsanlage mit vorgelagerter Trocknung wäre das Beste. Mit der Wärme aus der Verbrennungsanlage könnte der Klärschlamm getrocknet werden, ein nahezu autarker Betrieb wäre möglich. Die Landesregierung sah Meiningen als idealen Standort. Dort wären öffentliche Grundstücke vorhanden und die Kläranlage zählt zu den größten im Land.

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Eine Machbarkeitsstudie mithilfe der Illwerke/VKW zeigte, dass das Projekt möglich wäre, der Landesenergiekonzern wäre auch im Boot gewesen, heißt es. Konjunktiv, weil das Projekt ein jähes Ende fand. Bürgermeister Gerd Fleisch bestätigt auf VN-Anfrage: “Nach sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile spricht sich der Gemeindevorstand und die Gemeindevertretung gegen das Projekt der Monoklärschlammverbrennung im Gemeindegebiet aus.”

Die Anlage stehe im Widerspruch zu den Gemeindezielen in Bezug auf Gesundheit, Umwelt, Klima, Lebensqualität, Verkehr und Standortqualität. Fleisch argumentiert mit Luftschadstoffen, der Nähe des Standorts zur Bevölkerung, der Verkehrsbelastung und dem Risiko von Ausfällen der Filter. Die Belastung und die gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung würden überwiegen, bekräftigte Fleisch.

Der frühere Umweltlandesrat Daniel Zadra befürchtet: “Das könnte uns über Jahre zurückwerfen.” Auch sein Nachfolger in der Zuständigkeit, Landesrat Christian Gantner, ist sich des Problems bewusst. “Wir werden die Situation im Dezember mit allen Obleuten der ARAs besprechen”, betont er. Er hofft, doch noch eine Lösung zu finden.