Nicht nur der Name des neuen Stromgesetzes sorgt für Kritik

Politik / 20.11.2025 • 19:00 Uhr
Messe Dornbirn
Die Dornbirner Messe hat eine große Anlage aufs Dach gesetzt. Nun sucht man Szenarien, dass sich die Anlage wie geplant rechnet. Messe Dornbirn

VKW-Chef Germann warnt vor viel Bürokratie, bei der Dornbirner Messe sucht man einen Weg Abseits der Einspeisung.

Wien, Schwarzach Dass ein findiger Name alleine nicht reicht, zeigt ein Vorhaben der Bundesregierung dieser Tage. ÖVP, SPÖ und Neos präsentierten diese Woche ihren Entwurf für das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz. Sie tauften es “Günstiger-Strom-Gesetz”, was für Kopfschütteln sorgt. Auch sonst sind die Rückmeldungen gespalten. Die Landwirtschaft ist besonders sauer. Bei der Dornbirner Messe überlegt man sich neue Modelle.

Zwei Punkte sorgen für Diskussionen. Im Gesetz soll festgelegt werden, dass Besitzer von Anlagen, die mehr als sieben Kilowatt ins allgemeine Netz einspeisen, dafür bezahlen müssen, weil sie das Netz belasten. In absoluten Spitzenzeiten soll es zudem möglich sein, den Anlagen einen Teil ihres Stroms nicht abzunehmen, also den Strom zu kappen. Das trifft vor allem große Anlagen.

Josef Moosbrugger
Josef Moosbrugger kann den Änderungen nichts abgewinnen. VN/Rhomberg

In den vergangenen Jahren haben viele Landwirte PV-Anlagen aufgestellt. Kein Wunder, dass sich Josef Moosbrugger über das neue Gesetz ärgert. “Wir haben das in den letzten Jahren sehr propagiert. Deshalb haben wir wenig Verständnis dafür, dass man versucht, das zu torpedieren”, sagt der Präsident der Landwirtschaftskammer. Nicht nur Ställe bieten viel Platz auf dem Dach. Das gilt für alle großen Hallen.

Die Dornbirner Messe investierte 1,5 Millionen Euro in der Erwartung, den Strom gut verkaufen zu können. Doch die Rahmenbedingungen haben sich geändert, erläutert Geschäftsführer Nilly Nail. “Über die letzten Jahre hat sich der Preis für die Abnahme schon deutlich nach unten verändert. Beginnend mit 2026 ist er an den internationalen Spotmarkt gekoppelt.” Alle 15 Minuten kann sich der Preis ändern. “Er kann auch ins Negative rutschen, was für uns als Unternehmen problematisch ist.” Dazu kommen die Pläne zur Spitzenstromkappung und die Einspeisetarife. Bei der Messe überlegt man, die Modelle zu ändern, damit sich die Anlage wie geplant amortisiert: mit Speicher, mit Energiegemeinschaften und mit Abschaltungen. Speicher und Energiegemeinschaften sollen durch das neue Gesetz erleichtert werden.

Nicht nur der Name des neuen Stromgesetzes sorgt für Kritik
Die 11er-Chefs Clemens Grabher und Thomas Schwarz bei ihrer PV-Anlage. 11er/Fasching

Auch Industriebetriebe haben auf ihren Hallen Anlagen gebaut. 11er zum Beispiel. Das Frastanzer Unternehmen verfügt über eine 1,2-MWp-Anlage, speist aber nur einen sehr kleinen Teil ins Netz ein. Der Großteil wird vor allem für die Kühlhäuser selbst verwendet. Durch Lastmanagement und Speicher möchte man in Zukunft noch mehr Strom selbst nutzen. Ähnlich argumentieren andere Unternehmen. Die Anlage auf dem Messepark verfügt über eine Leistung von 1,4 MWp. “Wir benötigen den gesamten Strom für uns und unsere Shoppartner selbst”, sagt Geschäftsführerin Nicole Schedler. Vor allem für die Klimaanlage im Sommer. Auch bei der Firma Rauch wandert der gesamte Strom in das eigene Unternehmen.

Nicht nur der Name des neuen Stromgesetzes sorgt für Kritik
Die PV-Anlage bei Rauch in Nüziders steht auf einem Gründach. Rauch

Die illwerke vkw sehen das Gesetz differenziert. Positiv sei, dass die Zugehörigkeit der Kraftwerksgruppe Obere Ill-Lünersee zum deutschen Regelblock abgesichert worden sei und es keinen einheitlichen Netztarif in Österreich gibt, da Vorarlberg günstigere Tarife hat, erläutert Vorstandsvorsitzender Christof Germann. Er ergänzt: “Kritisch sehen wir, dass der Entwurf viel neue Bürokratie schafft.” Dass Spitzenkappungen zukünftig möglich sind, sei zwar sinnvoll, allerdings in der vorgeschlagenen Form kaum handhabbar. “Auch einen treffsicheren Sozialtarif unterstützen wir. Eine eigene Abwicklungsstelle für die Verwaltung würde allerdings zu viel bürokratischen Aufwand verursachen”, warnt der illwerke-vkw-Chef. Dass Erzeuger zusätzliche Netzkosten bezahlen, sieht er ebenfalls kritisch. “Eine solche Maßnahme kann nur im europäischen Gleichklang erfolgen, da die Erzeugung in Österreich verteuert wird und dadurch Wettbewerbsnachteile entstehen.”

Illwerke VKW, Aktuelle Energiepolitik, GD Michael Strugl (Verbund) Christof Germann
Christof Germann warnt vor Bürokratie und kritisiert den Namen. VN/Rhomberg

Und dann wäre da noch der Name “Günstiger-Strom-Gesetz”. “Er wird der Bedeutung des Gesetzes in keiner Weise gerecht.” Es gehe nämlich um nicht weniger als um die Transformierung des gesamten Energiesystems.