Ein Ausflug nach Triest, in die Stadt der Winde

Ausflug. „Canale Grande“ steht auf einem Schild an einem Graben mit dümpelnden Motorbooten, der allenfalls „Canale piccolöchen“ heißen sollte. Gleich daneben, auf einer Wandtafel, wird klar, warum Triest so österreichisch aussieht. Die Stadt gehörte mehr als 500 Jahre zum Habsburger-Reich und wurde von Kaiserin Maria Theresias Architekten zu Österreichs einzigem Seehafen ausgebaut. Dazu ließ sie Salinen trockenlegen, und weil rund um Triest nur Kalkgebirge aufragt, musste Kutschen-Konvoi-weise österreichische Erde rangeschafft werden, sozusagen als Fundament für den neuen, schachbrettartig angelegten Stadtteil „Borgo Teresiano“. In diesen hinein sollten Kanäle zum Entladen der Handelsschiffe direkt an den Lagerhäusern führen. Gleich der erste wurde vielversprechend „Grande“ getauft, für weitere fehlte dann das große Geld.
Im „Café Stella Polare“ nippt Veit Heinichen am „Caffé Gocchiato O Goccia“, einem Espresso mit kleinem Milchtupfer statt dicker Cappuccino-Schaumwolke drauf. Der gebürtige Badener, seit 1999 in Triest heimisch, macht die Stadt seitdem zum Krimi-Schauplatz. Für ihn ist Triest die europäischste Stadt überhaupt. Aber nicht allein wegen österreichischer Bauten und italienischer Kaffee-Tradition, sondern weil hier mehr als 90 Volksgruppen leben und viele davon Triest seit drei Jahrhunderten prägen. „Stadt der Winde“ nennt Heinichen die 200.000-Einwohner-Stadt daher und meint damit nur vordergründig die „Bora“, den mit bis zu 180 km/h wütenden Fallwind oder die von Afrika aufziehende Südwest-Brise „Libeccio“, sondern vielmehr viele kulinarische Einflüsse auf Speisekarten.
Die griechische „Gregada“ aus Kalamare und Kartoffeln etwa, den von Portugiesen und Spaniern eingeführten Stockfisch „Baccalà“, Wildgerichte aus Slowenien oder weißer Trüffel aus Istrien. Der Krimi-Autor hat daraus zusammen mit seiner Frau, der Meisterköchin Amy Scabar, einen Zwitter aus Stadtporträt und Rezeptbuch gemacht: „Stadt der Winde“. Für alle, die Triest nicht sofort besuchen, es aber trotzdem schon genießen wollen.