Karge Insel, üppige Gastfreundschaft

Reise / 19.07.2013 • 11:22 Uhr
Karge Insel, üppige Gastfreundschaft

Die kultur- und mythenreiche Insel Kreta präsentiert sich heuer urlaubswerter denn je.

reise. (C. Jörg-Brosche) Es sind noch ein paar Tage bis zur Schulferienzeit und dennoch ist der Flieger Ende Juni Richtung Kreta sehr gut gefüllt. Offensichtlich ist Hellas in der Gunst der Gäste retour – und auch die Touristiker jubeln: Griechenland erlebt im heurigen Sommer ein Comeback. Nach nur zweieinhalb Flugstunden landen wir auf „Kriti“, wie die Griechen sagen. Wolkenloser Himmel, 28 Grad und ein angenehm kühlender Wind erwarten uns. Am Zielflughafen geht’s sehr geschäftig zu, aus mehreren Fliegern strömen Passagiere, um an den Förderbändern ihr Gepäck entgegenzunehmen.

Auf der gut ausgebauten Schnellstraße entlang der Nordküste fahren wir ostwärts. Üppig blühende Oleanderbüsche in Rosa und Weiß säumen die Straße, dahinter präsentiert sich das Land mal steinig und karg, mal mit ausgedehnten Olivenhainen. Kreta zeigt gleich seinen ganz großen Schatz: Olivenöl ist nicht nur Basis der berühmten Kreta-Diät (der Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann schrieb ein begeistertes Kochbuch darüber), sondern auch Grundlage des überdurchschnittlich langen Lebens der Inselbewohner. Geschätzte 30 bis 35 Millionen Olivenbäume wachsen auf Kreta – ein Drittel des gesamtgriechischen Bestandes! So kommen auf jeden Kreter durchschnittlich 50 Ölbäume (rund 620.000 Einwohner)! Kultiviert werden vor allem die Koroneiki-Olive (kleine, sehr ertragreiche Früchte) sowie die Tsounati-Olive, die ursprüngliche Sorte der Insel. Ein durchschnittlicher Ölbaum bringt es auf 20 Kilogramm Früchte pro Jahr, aus denen vier bis fünf Liter reines Olivenöl entstehen. Dieses flüssige Gold wird rund um den Globus in Delikatessengeschäften verkauft.

Die aktuelle Stimmung

Bleiben wir noch bei der Olive – allerdings bei ihrem besonders harten Holz. Michalis Apostolakis rechte Hand zeichnet eine waagrechte Wellenbewegung in die Luft. Das ist seine Antwort auf die Frage, wie das Geschäft so läuft. „Art on Olive Wood“ nennt er seinen geräumigen Laden in der Oktovriou-Street in Agios Nikolaos, in den Regalen findet man viel Handgemachtes und Praktisches aus dem dauerhaften Holz, aber Kunden sind keine im Laden.

„Rennt viel besser als im Vorjahr“, freut sich Michalis. „Bitte, schreibt über Kreta“, bittet er dennoch, als wir unsere Profession verraten. „Unsere Insel ist doch so schön, wir können noch gut mehr Gäste vertragen.“ Wir schlendern weiter durch das nette Städtchen Agios Nikolaos. Die Fußgängerzone ist gut besucht, Gäste stöbern in den Geschäften. Einzigartige Besonderheit des malerischen Kleinstädtchens an der Mirabello-Bucht ist der dunkelgrüne Binnensee. Der „Voulismeni“ (verwunschene) Quellsee hütet ein Geheimnis: Niemand weiß, wie tief das Gewässer tatsächlich ist. Eine der vielen Legenden vermutet eine unterirdische Verbindung zum Inneren des Vulkans von Santorini.

Sommerfreuden auf Kreta

Eine der schönsten Möglichkeiten, das Kretische Meer zu genießen, ist ein Ausflug mit einem Segelboot oder Katamaran. Der Wind bläst (wie so oft auf Kreta) überaus lebhaft, doch der vorab großzügig verteilte Travel-Gum gegen Seekrankheit erweist sich gottlob als unnötig. Trotz kräftiger Brise zieht unser Katamaran ruhig durch die Fluten, vorbei an der wunderschönen Küste, an Agios Nikolaos und der Kolokitha-Bucht hin Richtung Golf von Mirabello. Die mitreisenden Mädels liegen im Netz am Bug des Katamarans und träumen in die Sonne, die Männer sitzen unter der Heckplane im Schatten und trinken Bier. Zwischendurch gibt es in abgeschiedenen Buchten immer wieder einen Badestopp, bei dem wir in die türkis leuchtenden Fluten springen. Eine Champagnerflasche wird geköpft, Lachsbrötchen gereicht. Ja, es ist definitiv eine gute Idee, auf Kreta Urlaub zu machen!

Uriges Landesinnere

Wer das wahre Herz Kretas schlagen hören will, der muss in die Bergdörfer des Landesinneren vordringen. Nur hier erlebt man noch das urwüchsige Kreta und die offenherzige Gastfreundschaft der Bewohner. Authentisch geblieben ist das Dörfchen Kritsa. Terrassenförmig drängen sich die pastellfarbenen und schneeweißen, kubischen Häuser dicht an den Hang, darüber stehen einige Reihen Olivenbäume, dann kommt der nackte Fels. Dieses Urbild eines kretischen Dorfes diente als Filmkulisse: 1956 drehte hier Jules Dassin den Film „Der Mann, der sterben muss“ nach dem berühmten Roman „Griechische Passion“ von Kazantzakis. Alle Dorfbewohner spielten als Komparsen mit, in die Hauptrollen schlüpften Melina Mercouri und Gert Fröbe.

Auch heute noch sitzen hier betagte Frauen und Männer wie eh und je auf den Stufen ihres Hauses oder auf den immer noch wackligen Baststühlen des Kafenion und genießen die Ruhe ihres Daseins. Machen wir es ihnen doch einfach gleich!