Nord-Marokko: Weiße Taube und blauer Zauber

Reise / 05.04.2020 • 10:00 Uhr
Nord-Marokko: Weiße Taube und blauer Zauber
In Chefchaouen sind fast alle Häuser in verschiedensten Blautönen gestrichen. SHUTTERSTOCK

Mit Tétouan, Tanger und Chefchaouen bietet der Norden Marokkos drei sehenswerte und sehr unterschiedliche Städte mit spannender Geschichte und viel Flair.

Marokko Weiße Häuser mit schmiedeeisernen Balkonen, gut besuchte Straßencafés – beim Gang durch die Avenue Mohammed V wähnt sich der Besucher in Andalusien. Nur die Männer in ihren bodenlangen Dschellbahs und die Berberfrauen mit großen Strohhüten passen nicht so recht ins Bild. Ihre starken spanischen Einflüsse verdankt die nordmarokkanische Stadt Tétouan den spanisch-arabischen Flüchtlingen, als Ende des 15. Jahrhunderts die letzten Juden und Moslems infolge der Inquisition aus Andalusien vertrieben wurden. Später war Tétouan bis 1956 mehr als vier Jahrzehnte Hauptstadt des spanischen Protektorats in Marokko. „Hier ist damals General Franco abgestiegen“, erzählt Stadtführer Rachid und deutet auf ein Eckhaus. „Von hier putschte er im Juli 1936 gegen die Regierung in Madrid.“

Tétouan wird auch "Die weiße Taube" genannt und von manchen als schönste Stadt Marokkos bezeichnet. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Tétouan wird auch "Die weiße Taube" genannt und von manchen als schönste Stadt Marokkos bezeichnet. Shutterstock

Vorbei an Geschäften mit Brautkleidern und Hochzeitszubehör führt die Straße zum Platz Hassan II und zum Königspalast. Hier verbringt der marokkanische König Mohammed VI gern seinen Sommer und besucht die rund 20 Kilometer nördlich gelegenen Sandstrände am Cabo Negro. Wer rechts vom Palast in eine der Gassen einbiegt, landet in der Mellah und in einer anderen Welt. Das einstige Judenviertel beeindruckt mit seinen engen, manchmal nur eineinhalb Meter breiten und mit Torbögen überspannten Gassen. Für den Besucher kaum merkbar geht die Mellah (das jüdische Viertel) in die Medina über, die mit ihrem Labyrinth aus schmalen Gassen und den nach Zünften aufgeteilten Bezirken seit 1997 zum UNESCO Weltkulturerbe gehört und als eine der besterhaltenen Altstädte des Landes gilt. Wegen ihrer Lage inmitten grüner Hügel und ihren schmucken weißen Häusern hat Tétouan den Beinamen „Die weiße Taube“ und wird von manchen sogar als die schönste Stadt Marokkos bezeichnet. Zumindest aber ist sie nicht so touristisch wie das rund 60 Kilometer südlich gelegene Chefchaouen.

Von himmelblau bis indigo

Das Städtchen, dessen Altstadt sich malerisch an den Fuß eines Berges schmiegt, war wie Tétouan lange Zufluchtsort für Moslems und Juden, die aus Spanien fliehen mussten. Heute gehört Chefchaouen als „blaue Perle“ zum Pflichtprogramm von Reisegruppen aus aller Welt. Hauptattraktion ist die Farbe. Denn sämtliche Wege, Treppen und Häuser sind blau bemalt: himmelblau, kobaltblau, indigoblau oder eisblau. Die verschiedenen Blautöne, kombiniert mit dem Licht- und Schattenspiel in den engen Gassen, und die vor den unzähligen Souvenirläden hängenden bunten Gewänder erzeugen ein berauschendes Farbenspiel.

Für die blauen Häuser gibt es unterschiedliche Erklärungen. Inzwischen sind sie aber wohl hauptsächlich ein Marketing-Gag, um Touristen anzulocken. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Für die blauen Häuser gibt es unterschiedliche Erklärungen. Inzwischen sind sie aber wohl hauptsächlich ein Marketing-Gag, um Touristen anzulocken. Shutterstock

Zwei Stunden dauert die Fahrt von Chefchaouen nach Tanger. Die von den Karthagern gegründete Hafenstadt war schon immer ein Spielball der Geschichte. Byzantiner, Araber, Spanier, Briten und Franzosen kamen als Herrscher. Von 1923 bis 1956 war die Stadt zwischen zwei Kontinenten eine selbstverwaltete internationale Zone und zog Geschäftsleute, Schmuggler und Spione, aber auch Künstler und Sinnsuchende an. Lange Zeit wurde die Stadt vom Staat vernachlässigt. Der neue Aufschwung kam mit der Bewerbung für die Expo 2012. Eine sechs Kilometer lange, mit Palmen gesäumte Uferpromenade wurde angelegt, ein moderner Bahnhof für Schnellzüge gebaut und neue Wohngebiete geschaffen. Auch der älteste Teil der Stadt, das an der höchsten Stelle der Medina gelegene Kasbah-Viertel, präsentiert sich heute aufgehübscht. Die alten Häuser in den weiß getünchten Gassen wurden liebevoll restauriert, lauschige und originelle Cafés und Restaurants laden zur Rast ein. Doch das Herz der Stadt schlägt noch immer rund um den Platz Grand Socco am Übergang von Medina und Neustadt. Bei einem Glas frischem Minztee kann der Besucher hier noch heute etwas vom Flair der wilden Zeiten erahnen. Bärbel Schwertfeger (srt)

Marokko

Haupstadt Rabat

Zeitzone UTC+1

Währung Marokkanischer Dirham

Amtssprache Arabisch

Infos www.visitmorocco.com

Übernachten In der Medina von Tétouan liegt das Blanco Riad mit acht unterschiedlichen Zimmern, EZ ab 40 Euro, DZ ab 50 Euro ohne Frühstück.

Nord-Marokko: Weiße Taube und blauer Zauber
An der nordwestlichen Spitze Marokkos, bei Tanger befindet sich dieser Leuchtturm. <span class="copyright">Shutterstock</span>
An der nordwestlichen Spitze Marokkos, bei Tanger befindet sich dieser Leuchtturm. Shutterstock
Schmale Gassen schlängeln sich durch die Medina von Tanger. <span class="copyright">Shutterstock</span>
Schmale Gassen schlängeln sich durch die Medina von Tanger. Shutterstock