Fortsetzung der Geschichte Auf Räuber Kneißls Spuren von Seite F1

Annegret Braun hat sich intensiv mit den damaligen Gepflogenheiten und vor allem mit Kneißl befasst. „Man muss ihn sehr differenziert betrachten“, sagt sie: „Er war kein Verbrecher, aber er geriet immer wieder in Notlagen und hat sehr viel Pech gehabt.“ So war schon Kneißls Mutter eine Kriminelle, die bei einem Kirchendiebstahl wohl das Altarsilber einer nahen Wallfahrtskirche entwendete und die Kinder zum Wildern anhielt.
Zwar absolvierte Kneißl während seiner ersten Haft eine Schreinerlehre und versuchte danach verzweifelt, in ein normales Leben zurückzufinden. Er wurde aber immer wieder als Zuchthäusler wiedererkannt und auf die Straße gesetzt. Da er seinen Lebensunterhalt nicht auf seriöse Art und Weise verdienen konnte, begann er mit Überfällen und Diebstählen. Dass er dabei zwei Polizisten – angeblich unbeabsichtigt – erschoss, ließ ihn endgültig zum Gejagten werden. Immer wieder entwischte der trickreiche Dieb der Polizei, oft mit Hilfe der Bevölkerung und einmal sogar in einem Jauchefass. Spätestens danach wurde er zur Legende.
Vom Kriminellen zum Volkshelden
Es ist aus heutiger Sicht dennoch schwer zu verstehen, warum ein Krimineller zum Volkshelden werden konnte. Doch am Ende des 19. Jahrhunderts waren der Landbevölkerung die Polizei und die Obrigkeit völlig zuwider. Außerdem gefiel es den Menschen, dass der trickreiche Kneißl den Beamten immer wieder entwischte – und zudem oft genug von seiner Beute etwas an die häufig hungernde Bevölkerung abgab. Es ist daher nicht einfach, Kneißl geschichtlich richtig einzuordnen. Wahrscheinlich ist gerade deshalb der „Räuber-Kneißl-Museumskeller“ in Maisch ein lohnenswerter Stopp auf dem Radweg. Im Keller findet man verschiedene Exponate aus der dunklen Zeit des Räubers. Nach oben zurückgekehrt ist das Leben in dem kleinen Biergarten wieder weit sonniger, auch wenn auf der Karte die Kneißl-Henkersmahlzeit steht. Doch keine Sorge, es werden nicht wie bei Kneißl sechs Bier kredenzt, sondern ein deftiger Schweinebraten mit Knödeln. Das süffige „Räuber-Kneißl-Dunkle“ muss separat bestellt werden.