Würfel fürs Heer fallen

Spezial / 18.01.2013 • 21:25 Uhr
LandesverteidigungDie Zeiten des Kalten Krieges sind vorbei. Nationalstaaten gehen in Mitteleuropa nicht mehr aufeinander los. Der Angriff einer fremden Armee auf Österreich ist unrealistisch geworden. An die Stelle der alten sind neue Bedrohungsszenarien getreten – zum Beispiel Terroranschläge oder Cyberattacken. Das erfordere Spezialisten und daher ein Berufsheer, sagen die einen. Gerade in einem Wehrpflicht-Heer gebe es viele aus der Praxis kommende Fachkräfte, meinen die anderen.
Landesverteidigung
Die Zeiten des Kalten Krieges sind vorbei. Nationalstaaten gehen in Mitteleuropa nicht mehr aufeinander los. Der Angriff einer fremden Armee auf Österreich ist unrealistisch geworden. An die Stelle der alten sind neue Bedrohungsszenarien getreten – zum Beispiel Terroranschläge oder Cyberattacken. Das erfordere Spezialisten und daher ein Berufsheer, sagen die einen. Gerade in einem Wehrpflicht-Heer gebe es viele aus der Praxis kommende Fachkräfte, meinen die anderen.

Volksbefragung zu Berufsheer oder Wehrpflicht: Parteien mobilisieren bis zuletzt.

Wien. (VN-joh) Kurz vor der Volksbefragung am morgigen Sonntag erhielt die Heeresdebatte gestern noch einmal eine praktische Note: Soll sich Österreich an einer europäischen Mission im Kampf gegen Islamisten im nordafrikanischen Mali beteiligen? Aus der Bundesregierung kam wieder einmal keine einheitliche Antwort: „Ich halte es für falsch, von vornherein eine österreichische Beteiligung an der Ausbildungsmission der EU auszuschließen“, erklärte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP). Doch Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) wollte nichts davon wissen: „Wir sind mit unseren Hotspots – Stichwort Libanon, Golanhöhen oder Westbalkan – ausgelastet.“ Damit ist das Thema erledigt – und wieder Platz für die Volksbefragung über die Einführung eines Berufsheers und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres oder die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildiensts, die morgen österreichweit stattfindet.

ÖVP beschert Meldungssturm

Gestern mobilisierten die beiden Parteien, die die Auseinandersetzung auf der politischen Ebene praktisch allein führen, noch einmal mit allen Mitteln: Im Kanzleramt warben Hausherr Werner Fay­mann (SPÖ), Verteidigungsminister Darabos und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) einmal mehr für ihr Konzept, nämlich das Berufsheer und das Sozialjahr. Die ÖVP lieferte den Redaktionen wiederum einen Meldungssturm: Regierungsmitglieder, Abgeordnete und Landesobleute durften in Aussendungen ihre Überzeugung bekräftigen; der Titel war immer der gleiche, nämlich „Aus Überzeugung für Wehrpflicht und Zivildienst“.

Neuigkeiten? Fehlanzeige

Neue Erkenntnisse gab es in der Auseinandersetzung nicht mehr. Die SPÖ, die einst für die Wehrpflicht gekämpft hat, meint bekanntlich, dass sich der Zwangsdienst überholt hat und mit einem Berufs- und Milizheer ein reines Freiwilligensystem sinnvoller geworden ist. Die ÖVP ist dagegen der Überzeugung, dass sich die Wehrpflicht bewährt hat, zumal sie genügend Kräfte für den Kata­strophenschutz garantiere und über den Zivildienst auch den Hilfsorganisationen viele Mitarbeiter bringe.

Die FPÖ ist ebenfalls für die Wehrpflicht. Grüne, BZÖ und Team Stronach wollen ein Berufsheer.

AuslandseinsätzeIm Namen der UNO hat sich Österreich mit „Blauhelmen“ schon immer bei Friedensmissionen engagiert; zum Beispiel am Golan. In den letzten Jahren ist die Zahl der Einsätze gestiegen; etwa im Rahmen der NATO-„Partnerschaft für den Frieden“ auf dem Balkan. Gefragt sind dafür Berufs- und Milizsoldaten. Berufsheer-Befürworter meinen, auch ohne Wehrpflicht genügend Frauen und Männer dafür gewinnen zu können. Wehrpflicht-Befürworter bezweifeln dies.
Auslandseinsätze
Im Namen der UNO hat sich Österreich mit „Blauhelmen“ schon immer bei Friedensmissionen engagiert; zum Beispiel am Golan. In den letzten Jahren ist die Zahl der Einsätze gestiegen; etwa im Rahmen der NATO-„Partnerschaft für den Frieden“ auf dem Balkan. Gefragt sind dafür Berufs- und Milizsoldaten. Berufsheer-Befürworter meinen, auch ohne Wehrpflicht genügend Frauen und Männer dafür gewinnen zu können. Wehrpflicht-Befürworter bezweifeln dies.
AssistenzeinsätzeDas Bundesheer kann zu Assistenzeinsätzen im In- und Ausland gerufen werden. Soldaten sind denn auch von der Trinkwasser-Aufbereitung (nach dem Tsunami 2004) in Sri Lanka bis zu Sicherungs- und Aufräumarbeiten nach dem Unwetter 2010 bei der „Neuen Schanze“ in Lochau im Einsatz. Gerade für Katastrophen brauche man ein Massenheer, sagen Wehrpflicht-Befürworter. Berufsheer-Anhänger meinen, auch ohne ein solches 12.500 Soldaten bereitstellen zu können.
Assistenzeinsätze
Das Bundesheer kann zu Assistenzeinsätzen im In- und Ausland gerufen werden. Soldaten sind denn auch von der Trinkwasser-Aufbereitung (nach dem Tsunami 2004) in Sri Lanka bis zu Sicherungs- und Aufräumarbeiten nach dem Unwetter 2010 bei der „Neuen Schanze“ in Lochau im Einsatz. Gerade für Katastrophen brauche man ein Massenheer, sagen Wehrpflicht-Befürworter. Berufsheer-Anhänger meinen, auch ohne ein solches 12.500 Soldaten bereitstellen zu können.
Stimmzettel für Berufsheer oder Wehrpflicht. Foto: APA
Stimmzettel für Berufsheer oder Wehrpflicht. Foto: APA
SozialdienstImmer mehr Wehrpflichtige entscheiden sich, anstelle des Präsenzdiensts den Zivildienst zu absolvieren. Durchschnittlich bringt das Organisationen wie der Caritas und dem Roten Kreuz insgesamt 9750 junge Mitarbeiter. Fällt der Zivildienst, würde ein bezahltes freiwilliges Sozialjahr kommen, das allen volljährigen Frauen und Männern offenstünde. Während es bei der Caritas heißt, dass dieses Modell als Ersatz funktionieren könnte, bezweifelt man dies beim Roten Kreuz.
Sozialdienst
Immer mehr Wehrpflichtige entscheiden sich, anstelle des Präsenzdiensts den Zivildienst zu absolvieren. Durchschnittlich bringt das Organisationen wie der Caritas und dem Roten Kreuz insgesamt 9750 junge Mitarbeiter. Fällt der Zivildienst, würde ein bezahltes freiwilliges Sozialjahr kommen, das allen volljährigen Frauen und Männern offenstünde. Während es bei der Caritas heißt, dass dieses Modell als Ersatz funktionieren könnte, bezweifelt man dies beim Roten Kreuz.