Berlusconi lehnt Neuwahlen ab

Nach Urnengang in Italien: Medienmogul schließt Vereinbarung mit Linken nicht aus.
Rom. Italien steht nach der Schicksalswahl vor einer wochenlangen Hängepartie bei der Regierungsbildung mit unabsehbaren Folgen für den Euro. Da keines der politischen Lager in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit hat und sich mehrere Bündnisse blockieren, wächst in ganz Europa die Sorge vor einer Unregierbarkeit des Krisenlandes. Und damit wird schon über baldige Neuwahlen spekuliert oder über ein Übergangskabinett auf Zeit.
Im Abgeordnetenhaus des Zwei-Kammern-Parlaments rettete das Mitte-Links-Lager von Pier Luigi Bersani mit 29,54 Prozent der Stimmen einen knappen Vorsprung vor dem konservativen Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi (29,18 Prozent) ins Ziel. Bersani bekommt damit als stärkste Kraft im Abgeordnetenhaus einen Bonus für eine stabile Mehrheit von 340 der insgesamt 630 Sitze.
Bersani verliert im Senat
Doch im Senat, der nach regionalen Gesichtspunkten gewählt wird, können Berlusconi (116 Sitze) und die überraschend starke Anti-Establishment-Bewegung des Komikers Beppe Grillo (54 Sitze), die auf Anhieb ein Viertel der Stimmen abräumte, Gesetzesvorhaben anderer Lager abblocken. Auch eine Koalition Bersanis (113 Sitze) mit dem bisherigen Regierungschef Mario Monti (18 Sitze), der Reformen auf den Weg gebracht hatte und dafür nun von den Wählern abgestraft wurde, reicht nicht zum Regieren aus. Im Senat wäre dafür eine Mehrheit, also 158 der 315 Sitze, nötig.
Rom blickt nun auf Staatspräsident Giorgio Napolitano, der in den kommenden Wochen mit den Beteiligten über die Situation beraten muss.
Übergangsregierung möglich
Berlusconi, den viele im Land eigentlich längst abgeschrieben hatten, hält Neuwahlen nicht für sinnvoll. Der Medienmogul, der bis zu seinem Abtritt 2011 drei Mal Ministerpräsident war, schloss eine Vereinbarung mit der Linken nicht ausdrücklich aus. Mit Monti will er aber nicht zusammengehen. Bersani ließ gestern noch offen, mit wem er über eine Regierungsbildung sprechen will. Das Ergebnis sei Ausdruck der Krise und seine Partei müsse darauf mit Demut reagieren, so Bersani. Spekuliert wurde auch über die Möglichkeit einer breiten Übergangsregierung, die einige Reformaufträge erhält, bevor dann neu gewählt wird. Grillo, Chef der populistischen Protestbewegung „Fünf Sterne“, will jedoch eine mögliche große Koalition von Linken und Rechten behindern.
