Kirchenoberhaupt für wenige Tage

Spezial / 28.02.2013 • 22:15 Uhr
Kardinal Bertone gilt selbst als Papstkandidat. Seine Rolle im Vatikan ist umstritten. Foto: Reuters
Kardinal Bertone gilt selbst als Papstkandidat. Seine Rolle im Vatikan ist umstritten. Foto: Reuters

Als Camerlengo führt Kardinal Bertone den Vatikan bis zur Wahl eines neuen Papstes.

Vatikanstadt. Wenn das Amt des Papstes nicht besetzt ist, übernimmt der Camerlengo die Leitung des Vatikans. Der Kardinalkämmerer des Heiligen Stuhls steht der Apostolischen Kammer vor, die während einer Sedisvakanz („leerer Stuhl“) zwischen dem Ende eines Pontifikats und der Ausrufung eines neuen Papstes die Güter des Vatikans verwaltet. Drei Kardinäle unterstützen ihn dabei.

Bisher endete ein Pontifikat normalerweise mit dem Tod des Papstes, den der Camerlengo offiziell feststellen muss. Dann nimmt er dem Verstorbenen den Fischerring ab, das Symbol der päpstlichen Macht. Den Ring zerschlägt er bei der folgenden Vollversammlung der Kardinäle mit dem Bleisiegel des Pontifikats vor den Augen der Anwesenden. Benedikts Fischerring soll hingegen nicht zerschlagen, sondern lediglich gebrochen werden.

Mit Beginn der Sedisvakanz versiegelt der Camerlengo das Arbeitszimmer und die Privatgemächer des Papstes. Er ist vorübergehend Hausherr der päpstlichen Paläste. Er bereitet auch das Konklave in der Sixtinischen Kapelle vor und überwacht den ordnungsgemäßen Ablauf der Papstwahl.

Das Amt des Camerlengo war im 15. Jahrhundert geschaffen worden. 1996 regelte Papst Johannes Paul II. Papstwahl und Sedisvakanz in einer Apostolischen Kon­stitution.

Wegbegleiter von Benedikt XVI.

Seit 2007 ist der 78-jährige Tarcisio Bertone Camerlengo. Der ehemalige Erzbischof von Vercelli und Genua war als Sekretär der Glaubenskongregation bereits unter Präfekt Joseph Ratzinger dessen engster Mitarbeiter. 2006 machte ihn Papst Benedikt XVI. zum Kardinalstaatssekretär und damit zu seiner rechten Hand. Bertone gilt als einer der möglichen Nachfolger Benedikts.

Für wiederholtes mangelndes Krisenmanagement der Kurie wurde von einigen Vatikan-Beobachtern vor allem Bertone verantwortlich gemacht. Seine Behandlung von Missbrauchsfällen in den USA wurde in den Medien diskutiert. Sein Name tauchte außerdem in den Spekulationen um Machtkämpfe und Auseinandersetzungen im Vatikan auf.

Bertone ist unter 80 Jahre alt und nimmt damit auch an dem Konklave im März teil, bei dem die Kardinäle einen Papst wählen. Er galt bei der letzten Papst-Wahl wie auch jetzt als ein Kandidat für den Stuhl Petri.