Guter Koch und beliebter Theologe

Spezial / 14.03.2013 • 21:49 Uhr

Franziskus: Ein Mann mit vielen Facetten, aber auch umstrittener Vergangenheit.

Vatikanstadt. Als Erzbischof von Buenos Aires benutzte Franziskus öffentliche Verkehrsmittel, bewohnte ein Apartment statt einer Bischofsresidenz und setzte sich für Benachteiligte ein – dass der charismatische neue Papst als „Kardinal der Armen“ gilt, kommt nicht von ungefähr. Jorge Mario Bergoglio, wie sein bürgerlicher Name lautet, stammt aus einer Familie mit fünf Kindern, deren Vater aus Italien eingewandert war und in Argentinien bei der Bahn arbeitete. Wie viele seiner Landsleute besitzt er neben der argentinischen auch die italienische Staatsbürgerschaft und spricht Spanisch und Italienisch, dazu nach einem Dissertations-Aufenthalt in Deutschland 1985 auch etwas Deutsch. Der diplomierte Chemiker gilt als Multitalent – als guter Koch, Opernliebhaber, Freund der griechischen Klassik, Shakespeares und Dostojewskis, als guter Schwimmer und kräftig, obwohl er seit der Kindheit mit Lungenproblemen kämpfte.

Dialogbereiter Theologe

Theologisch ist der Ordensmann als dialogbereit einzuordnen, zudem steht er der konservativen und sozial engagierten Bewegung „Communione e Liberazione“ nahe. Seine vergleichsweise wenigen Worte haben Gewicht im traditionell katholischen Argentinien. Zu Weihnachten und Ostern besucht Bergoglio ein Krankenhaus für arme Kinder oder ein Gefängnis, wäscht den Kranken oder Gefangenen die Füße.

In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem argentinischen Ex-Präsidenten Nestor Kirchner, den er öffentlich kritisierte. Ein Hauptstreitpunkt war die Sexualpolitik: So hatte Kirchner etwa einen argentinischen Militärbischof entlassen, der sich kritisch zur liberalen Abtreibungspolitik geäußert hatte – in dieser Frage ist Papst Franziskus der Linie seiner Vorgänger bisher treu.

Umstrittene Rolle in Diktatur

Umstritten ist seine Rolle in der argentinischen Militärdiktatur (1976 bis 83): Er wird beschuldigt, als Provinzial des Jesuiten-Ordens zwei Mitbrüder nicht vor der Verschleppung durch das Militär geschützt zu haben. Er selbst sagte, er habe sie vor den Gefahren gewarnt und bei der Militär-Junta für sie vorgesprochen, aber wenig Einfluss gehabt. Die zwei Jesuiten wurden nach fünf Monaten Haft und Folter freigelassen.

Der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff sieht keine Grundlage für eine Nähe des neuen Papstes zur früheren argentinischen Militär-Junta. Vielmehr habe Franziskus damals vielen geholfen: „Er hat viele gerettet und versteckt, die von der Militärdiktatur verfolgt wurden“, sagte Boff in Rio de Janeiro. Er orientiere sich am argentinischen Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, der dem britischen Sender BBC sagte: „Es gab Bischöfe, die Komplizen der Diktatur waren, aber Bergo­glio nicht.“