„Innovativ sein allein reicht nicht“

Beim Wirtschaftsforum: Kaltenborn hatte ihren ersten Auftritt auf österreichischem Boden, seit sie an der Spitze eines Formel-1-Teams steht.
Monisha Kaltenborn muss als Rennstall-Chefin Wirtschaft permanent neu denken.
Bregenz. Geboren in Indien, aufgewachsen in Wien. Als gelernte Juristin ist Monisha Kaltenborn heute CEO und Teilhaberin eines Formel-1-Rennstalls. Der Weg der Mutter zweier Kinder war keineswegs vorgezeichnet – der Sprung ins kalte Wasser war ihr ständiger Begleiter. War es, als ihre Eltern nach Wien zogen und sie, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, in die Schule musste, oder als sie bei der Fritz Kaiser Gruppe in Liechtenstein gleich zu Beginn den Motorenvertrag für Sauber ausverhandeln musste. „Ich hatte ja keine Ahnung von Motoren, und nur weil man Jus studiert hat, weiß man noch lange nicht alles über diese Verträge“, sagt Kaltenborn, die im Nachhinein aber froh ist, immer wieder mit solchen Situationen konfrontiert worden zu sein. Die dadurch gewonnenen Erfahrungen bringt die 42-Jährige auch in ihren Führungsstil mit ein. „Ich bitte immer die ganze Mannschaft darum, diesen Sprung zu wagen. Aufgrund unserer Situation müssen wir als Team immer anders denken als andere“, sagt Kaltenborn.
Über die Fritz Kaiser Gruppe, die einst Teilhaber des Sauber-Rennstalls war, kam Kaltenborn ins Formel-1-Geschäft. Heute ist sie CEO eines „klassischen schweizerischen KMU“, wie sie selbst sagt. Zwar würde es Leute auf der ganzen Welt interessieren, was sie machen, es werden jedoch 300 Personen beschäftigt, 60 davon direkt an der Rennstrecke.
Schneller Wissenstransfer
Zu Zeiten, als BMW noch Anteile des Sauber-Teams hielt, waren an die 430 Personen beschäftigt. Danach hieß es, den Gürtel enger zu schnallen, was Kaltenborn und ihren Rennstall dazu veranlasste, „Wirtschaft neu zu denken“. Sie ist überzeugt davon, dass in Zukunft Innovationen alleine nicht ausreichen werden. „Innovationen müssen auch immer schneller erfolgen, und das ist ja schließlich unsere Kernkompetenz.“ Denn in der Entwicklung der Fahrzeuge gehe es einem F1-Team darum, möglichst viel Abtrieb bei geringstem Luftwiderstand zu haben, und das auf jeder Strecke. „Also müssen wir das alle zwei Wochen zum nächsten Rennen schaffen.“ Genau dadurch würde auch ein schneller Wissenstransfer in andere Bereiche der Wirtschaft gewährleistet werden.
Prozesse straffen
Im Zentrum des „Wirtschaft neu denken“ steht für Kaltenborn die Effizienz. „Wir leben heute in einem Wirtschaftsumfeld, das schwierig ist. Unternehmen geht es nicht so gut. Wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen und eh schon wissen, dass wir Restriktionen haben, müssen sie mit den Mitteln, die sie haben, sorgsamer umgehen“, sagt die gelernte Juristin. Prozesse müssen gestrafft werden. „In unserem Fall heißt das, weniger Tests durchführen, bis man beim fertigen Auto angelangt ist.“ Erschwerend hinzu komme für einen Rennstall, dass man nicht auf Jahre hinaus planen könne. Auch wenn die Zeiten schwierig seien für die „Kleinen“ im großen Formel-1-Zirkus, spüre man bereits die Erholung der Wirtschaft. „Das merken wir, indem wir wieder vermehrt mit Unternehmen über das Sponsoring reden können.“ Und dafür sei die Formel 1 die ideale Plattform: Denn wer sonst zieht zwei Milliarden Zuschauer jährlich an, welches Sportereignis sonst wird nur in sieben Ländern der Welt nicht übertragen . . .
Wenn man beschränkte Mittel hat, muss man die Prozesse, die zum Produkt führen, straffen.
Monisha Kaltenborn
Zur Person
Monisha Kaltenborn
CEO der Sauber Motorsport AG
Geboren: 10. Mai 1971
Ausbildung: Juristin
Laufbahn: Studium in Wien, Fritz Kaiser Gruppe, dann Wechsel zu Sauber
Familie: verheiratet, zwei Kinder