„Im Ungewissen zu sein, ist eine zermürbende Situation“

Die Sorge um die Angehörigen auf Panay zehrt an den Nerven der Familie Isidro.
Gaißau. (VN-hrj) „Seit drei Tagen habe ich kaum geschlafen.“ Gene Isidro (54) macht sich große Sorgen um ihre Angehörigen, insbesondere um ihre Mutter, die sie seit Freitag vergeblich versucht, telefonisch zu erreichen. Die Mutter lebt mit einem Sohn und acht Enkeln in Idio, einem kleinen Fischerdorf im Bezirk Antique auf Panay. Der Taifun Hayan ist auch über diese im Westen der Philippinen gelegene Insel hinweggefegt und hat dort erheblichen Schaden angerichtet, Verletzte und Menschenleben gefordert.
Gene Isidro kam vor 33 Jahren nach Österreich. Die diplomierte Krankenschwester ist im Altenheim Gaißau als Pflegehelferin beschäftigt. Zuhause in Idio war sie zum letzten Mal vor drei Monaten – zum Begräbnis ihres Vaters.
Auch Genes Ehemann Emerito (54) ist aus Idio. Die beiden waren schon als Kinder befreundet. Er folgte ihr 1990 nach Vorarlberg, arbeitet beim Beschläge-Hersteller Blum. Tochter und Sohn des Ehepaars sind erwachsen.
Emerito bangt genauso um seine Angehörigen – Eltern und Geschwister – wie seine Frau um ihre. Bisher ist kein Kontakt möglich gewesen.
Seit Freitag schaut sich das Ehepaar immer wieder im Fernsehen die Nachrichten an, versucht Verbindung mit den Angehörigen auf Panay aufzunehmen. Doch dazu besteht zurzeit keine Möglichkeit, weil der Wirbelsturm die Infrastruktur auf der Insel schwer beschädigt hat. Zahllose betroffene Bewohner haben zu Fuß ihre zerstörten Dörfer verlassen, um eine Notunterkunft zu suchen.
Sind ihre Angehörigen unversehrt? Haben sie in einer Notunterkunft Schutz gefunden? „Wir wissen nichts“, sagt Gene Isidro voller Angst. Eine zermürbende Situation. Es ist die Ungewissheit, die so sehr an den Nerven zehrt.
„Das Haus unserer Familie soll zerstört sein.“ Diese Nachricht habe ihr Bruder auf Facebook gepostet. „Das Haus ist gerade renoviert worden.“ Dafür habe Gene jeden Monat Geld heim geschickt.
Gestern um Mitternacht erhielt sie einen Anruf von einer ihrer beiden in Manila lebenden Schwestern: „Sie informierte mich, dass die Frau unseres Cousins am Freitag gestorben ist.“ Das Herz habe aus Angst aufgehört zu schlagen.
Gute Nachricht aus Manila
Glück hatten die Angehörigen der 70-jährigen Luz Hieble. Die seit 40 Jahren in Dornbirn lebende pensionierte Lehrerin konnte mit ihren Angehörigen in Manila telefonieren und hat so erfahren, dass alle wohlauf sind. Luz Hieble ist darüber erleichtert: „In Manila waren die Folgen des Wirbelsturms nicht schlimm.“
Unser Haus ist zerstört. Dabei ist es gerade renoviert worden.
Gene Isidro