Taifun erinnert an Tsunami

Spezial / 10.11.2013 • 22:36 Uhr
Der Ort Tacloban ist am schwersten betroffen: Tausende Häuser sind zerstört. Foto: Reuters
Der Ort Tacloban ist am schwersten betroffen: Tausende Häuser sind zerstört. Foto: Reuters

Philippinen: Tausende Menschen starben,
4,3 Millionen brauchen Hilfe.

Manila. Einer der gewaltigsten Taifune mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 km/h hat Millionen Menschen auf den Philippinen in Not und Verzweiflung gestürzt. Auch zwei Tage nachdem „Haiyan“ eine Schneise der Verwüstung gezogen hat, konnte die Zahl der Toten gestern nur geschätzt werden – auf mehrere Tausend. Zerstörte Flughäfen, Häfen und Straßen behinderten die Hilfe. Die Bilder der Katastrophe erinnern an den Tsunami 2004. Hunderttausende Menschen standen in Trümmerwüsten. Viele plünderten in der zerstörten Stadt Tacloban Geschäfte.

Die philippinischen Lokalbehörden befürchten Tausende Tote. Der Polizeichef in Tacloban nannte 10.000 Todesopfer, aber die Regierung wollte das nicht bestätigen. „Die Zahlen sind alarmierend“, sagte Präsident Benigno Aquino. „Unsere Priorität sind aber die Überlebenden.“ Nach Angaben der Regierung brauchen 4,3 Millionen Menschen Hilfe. 800.000 waren geflüchtet.

Die Katastrophenbehörde aus Eastern Samar östlich von Tacloban meldete 300 Tote und 2000 Vermisste. Auch auf den Inseln weiter westlich war die Zerstörung verheerend. Ganze Ortschaften waren dem Erdboden gleichgemacht.

Die Katastrophenhelfer stehen vor einer gigantischen Aufgabe: Flughäfen sind zerstört, Hafenanlagen beschädigt, Straßen verschüttet oder mit entwurzelten Bäumen übersät. Kilometerlange Trümmerwüsten machen die Verteilung der Hilfsgüter zu einem logistischen Albtraum.

Abgelegene Ortschaften waren auch gestern noch von der Außenwelt abgeschnitten. Von dort lagen keine Informationen vor.

Meterhohe Sturmflut

In Tacloban mit 220.000 Einwohnern hatte der Taifun am Freitag eine meterhohe Sturmflut verursacht, die riesige Frachtschiffe Hunderte Meter weit ins Land spülte. Das Hochwasser riss alles mit: Hütten, Container, Ölkanister, Autos, Dächer, Häuserwände. Nachdem das Wasser abgelaufen ist, zeigt sich ein Bild des Grauens: Inmitten der trostlosen Geröllhaufen weht ein rosafarbener Sonnenhut im Wind, ein orangefarbenes Sofakissen liegt zwischen Holzlatten. Überall sind Plastikteller verstreut und jede Menge Gummi­latschen. Dazwischen laufen Menschen herum, teils barfuß, die nach Verwertbarem suchen: Konservendosen, Trinkwasserflaschen oder Holzleisten und Planen, um sich für die Nacht ein Dach über dem Kopf zu bauen. Entlang der Straßen liegen Leichen, mit Planen oder Betttüchern abgedeckt.

20 Kilometer südlich der Stadt wird ein Lastwagenkonvoi mit Versorgungsgütern geplündert, sagte Rotkreuz-Chef Richard Gordon. Die Notpakete hätten 5000 Familien versorgen sollen. Ein Ladenbesitzer steht mit gezückter Pistole vor seinem Laden, um Plünderer abzuschrecken. „Es ist chaotisch in Tacloban“, so Gouverneur Roger Marcado.

Unsere Prio­rität sind trotz allem die Über­lebenden.

Benigno Aquino, Präsident
Taifun erinnert an Tsunami
Ein Bub vor den Ruinen seines Elternhauses in Tacloban. Foto: RTS
Ein Bub vor den Ruinen seines Elternhauses in Tacloban. Foto: RTS
Opfer allein: Helfer tun sich schwer, durchzukommen. Foto: RTS
Opfer allein: Helfer tun sich schwer, durchzukommen. Foto: RTS