Verurteilte können VfGH bald direkt anrufen

Bürger können künftig ihre vermeintlich verfassungswidrige Verurteilung anfechten.
Wien. Einen neuen Weg
zum Verfassungsgerichtshof (VfGH), das kurze Mandatsverfahren für kleinere Delikte und gebührenfreien Gerichtszugang für Minderjährige (ab Jahresmitte) bringt das Jahr 2015 im Bereich der Justiz. Staatsanwälte müssen künftig Ermittlungen prinzipiell binnen drei Jahren beenden – und die leidige „Thermen“ – Reparatur-Frage ist geklärt.
Wenn Bürger meinen, in einem Straf- oder Zivilverfahren wegen einer verfassungswidrigen Bestimmung verurteilt worden zu sein, können sie eine Gesetzesbeschwerde direkt beim VfGH einbringen. Allerdings nicht in allen Fällen: So sind viele Mietrechtssachen oder Unterhaltsvorschussverfahren ausgenommen. Bisher konnten Verfahrensparteien bei Bedenken nur anregen, dass das Gericht den VfGH anruft. Wobei das bisher auch nur den Berufungsinstanzen möglich war, ab 1. Jänner können auch Gerichte erster Instanz vermeintlich verfassungswidrige Regelungen prüfen lassen.
Kurzes Mandatsverfahren
Einiges geändert wird im Strafprozess: Das kurze Mandatsverfahren ohne Hauptverhandlung kommt zurück, aber nur für kleinere Delikte, auf die Geldstrafe oder bedingte Freiheitsstrafe stehen. Staatsanwälte dürfen in einer Causa nur mehr länger als drei Jahre ermitteln, wenn das Gericht es genehmigt. Beschuldigte werden stärker in die Bestellung von Sachverständigen eingebunden und können Privatgutachten einbringen. Außerdem wird – auch in der öffentlichen Information – zwischen Beschuldigtem und Verdächtigem unterschieden und der Verteidigerkostenersatz bei Freispruch verdoppelt.
Das Justizministerium verzichtet auf Gerichtsgebühren im Ausmaß von (jährlich) 1,44 Mill. Euro: Alle familienrechtlichen Verfahren für Minderjährige sind ab 1. Juli gebührenfrei. So sind auch die Unterstützung durch die Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler (bisher 420 Euro) und durch die Kinderbeistände bei Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahren (441 Euro) künftig in der Regel kostenfrei.
Vermieter zahlt Tausch
Ab 1. Jänner müssen Vermieter die Reparatur bzw. den Austausch einer Therme bezahlen, für die Wartung müssen die Mieter aufkommen. Hat der Mieter die Therme aber selbst installieren lassen, muss er weiterhin auch die Reparatur zahlen. Noch auf sich warten lässt die von der Regierung angekündigte große Wohnrechtsreform.
Nicht kommen wird 2015 eine in Justizkreisen breit kritisierte Maßnahme aus dem Sparpaket 2012: Die für 2015 und 2016 geplante weitere Anhebung der Wertgrenze wurde wieder gestrichen. Damit bleibt es dabei, dass Bezirksgerichte für Zivilverfahren bis 15.000 Euro und Landesgerichte für Fälle mit höheren Beträgen zuständig sind.
