“Jetzt nur nicht in Panik ausbrechen”

Wer einen Frankenkredit hat, der hat seit gestern 10.30 Uhr viel mehr Schulden.
Schwarzach. (VN) Es gab Jahre, da wurden praktisch alle Eigenheime in Vorarlberg mit Franken finanziert. Ein Risiko, auch wenn lange Zeit an der Kreditfront Ruhe herrschte. Die Nationalbank und Ökonomen allerdings warnten vor den Unwägbarkeiten und auch die Banken im Land waren bemüht, den Anteil an Frankenkrediten herunterzufahren. „Das ist Gott sei Dank gut gelungen“, sagt Bankensprecher Wilfried Hopfner im Gespräch mit den VN. Seit 2008 werden keine Frankenkredite mehr an Private vergeben. Die meisten Kreditnehmer haben umgeschuldet. Wie viele Vorarlberger jetzt noch auf einem Frankenkredit sitzen, weiß er aber nicht genau. Und auch bei der Finanzmarktaufsicht in Wien gibt es dazu keine exakten Zahlen, weil Kredite bei den überregionalen österreichischen Instituten generell dem Hauptsitz, also meistens Wien, zugerechnet werden, wie Klaus Grubelnik, Mediensprecher der österreichischen Finanzmarktaufsicht erklärt.
„Erhebliche Relevanz“
In Österreich sind insgesamt rund 220.000 Häuslebauer, die ihren Kredit in Schweizer Währung aufgenommen haben. Laut Nationalbank haben die von der Schweizer Nationalbank gesetzten Maßnahmen angesichts eines noch ausstehenden Volumens von Franken-Krediten an private Haushalte und Unternehmen in Österreich in Höhe von 29,5 Mrd EUR per Ende November 2014 eine erhebliche Relevanz. Ihre Schulden haben sich mit einem Schlag um rund 15 Prozent erhöht. Hopfner rät den Kreditnehmern aber zur Besonnenheit. „Jetzt nur nicht in Panik ausbrechen“, sagt der Raiffeisenchef, „sondern sich mit dem Berater bei der Bank in Verbindung setzen.“ Über kurz oder lang, ist er überzeugt, wird sich der Frankenkurs bei rund 1,10 Euro einpendeln.
Banken dürfen von ihren Kunden auch nach den heutigen Ereignissen nicht mehr Sicherheiten verlangen, erklärt Verbraucherschützer Peter Kolba, Chefjurist des Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Eine „Zwangskonvertierung“ in Euro gehe sowieso nicht.
Gegen den von Banken in der Vergangenheit erzwungenen Umstieg von Franken in Euro waren die Konsumentenschützer Sturm gelaufen. Österreichische Gerichte haben die Zwangskonvertierung mehrfach untersagt. Nun, da der Franken massiv aufwertet, könnten die Banken wieder vermehrt Druck auf die Kreditnehmer ausüben. Aber auch mehr Sicherheiten verlangen dürfen sie nach Rechtsmeinung von Kolba nicht. Es gebe dazu bereits eine ganze Reihe von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Bisher hätten Unternehmen Klauseln, die vom Gericht als rechtswidrig erkannt wurden, einfach restaurieren können, um sie doch noch in die gesetzlichen Vorgaben zu pressen. Das gehe nun nicht mehr, so Kolba mit Blick auf einen aktuellen EuGH-Spruch zu einer spanischen Bank. „Jetzt darf nicht mehr im Interesse des Unternehmers an der Klausel herumgedoktert werden.“ Die im Gefolge einer Klage weggefallene Klausel dürfe höchstens zugunsten der Verbraucher abgeändert werden.
Beratung für Kreditnehmer
Nach dem Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Franken-Mindestkurs zum Euro aufzuheben, müssen in Österreich vor allem jene Franken-Kreditnehmer bangen, die schon bald zurückzahlen müssen. „Für die kann es heikel sein“, so Kolba. Wie der Franken zum Euro in zehn oder 20 Jahren steht, sei aber jetzt noch nicht vorhersehbar.
Der VKI bietet Verbrauchern an, Deckungslücke und Schaden auszurechnen. Wer mit seiner Bank in Streit gerät, kann sich außerdem an die neu gegründete österreichische Verbraucher-Schlichtungsstelle, die von der Leiterin der Hypo-Kommission, Irmgard Griss, geleitet wird, wenden.