Rätsel um MH370 bleibt ungelöst

Das Flugzeug wird tief im Indischen Ozean vermutet, Suche bislang erfolglos.
Kuala Lumpur. (VN-ram) Am 8. März 2014 startet ein Flugzeug der Malaysian Airlines um 00:41 Uhr in Kuala Lumpur. 239 Menschen aus 14 Ländern sind an Bord der Boeing 777-200, die meisten davon Chinesen. Das Ziel des Fluges ist Peking. Nur kommt das Flugzeug dort niemals an. Zwei Stunden nach dem Start, kurz vor Eintritt in den vietnamesischen Luftraum, verschwindet es plötzlich vom Radar. Jeder Kontakt zur Maschine bricht ab.
Das Wetter ist gut und die Boeing ist zum Zeitpunkt ihres Verschwindens in einer sicheren Flughöhe von 10.000 Metern. Es gab keinen Notruf, und die Bordcomputer senden keinen automatischen Alarm an die Bodenkontrolle, wie bei technischen Problemen eigentlich üblich. Flug 370 war von Anfang an ein Rätsel.
Eine der aufwendigsten und teuersten Suchaktionen wurde nach dem Verschwinden der Passagiermaschine gestartet. Das Suchgebiet umfasst eine insgesamt rund 60.000 Quadratkilometer große Zone westlich von Australien. Die Auswertung von Satellitensignalen legt nämlich nahe, dass das Flugzeug von seiner Flugroute abwich und etwa sieben Stunden in Richtung Süden flog. Die australische Transportbehörde vermutet, dass die Maschine vor dem Absturz stundenlang auf Autopilot flog, also vom Bordcomputer gesteuert wurde.
Die Ermittler gehen zunächst von einem Sabotageakt aus, da alle Kommunikationssysteme an Bord wahrscheinlich ausgeschaltet wurden. Sie nehmen alle Passagiere und Besatzungsmitglieder unter die Lupe. Doch niemand hatte Terror-Sympathien oder -Verbindungen, auch die beiden Iraner nicht, die mit gefälschten Pässen eines Salzburgers und eines Italieners an Bord waren. Offen bleibt auch, wie die Maschine offenbar stundenlang unbekannt über teils hochmilitarisiertes Gebiet geflogen sein kann.
„Suche nicht aufgeben“
Flug 370 ist auch für die Flugbranche ein großes Fragezeichen. Für Rolf Seewald, langjähriger Pilot und Ausbildner bei der Regionalfluglinie InterSky sind alle Erklärungsversuche momentan „reine Spekulation“. Man könne einfach nicht wissen, was passiert sei. „Es ist umso wichtiger, die Suche nicht aufzugeben, denn man muss mit Hilfe der Blackbox herausfinden, was passiert ist. Sonst entstehen noch mehr Gerüchte und Geistergeschichten.“ Die Hersteller müssten Aufschluss über mögliche technische Fehlerquellen erhalten, wenn es überhaupt einen technischen Defekt gegeben habe. Dass etwas Folgenschweres passiert sei, zeige bereits der Hakenschlag, den das Flugzeug plötzlich eingeschlagen habe, wie die Auswertung der letzten Aufzeichnungen nahelegen. „Auch die Hinterbliebenen müssen wissen, was passiert ist“, ist Seewald überzeugt.
Für die Angehörigen der vermissten Passagiere war das letzte Jahr von quälender Ungewissheit geprägt. Für sie ist es ein harter Schlag, als Malaysia im Jänner alle Passagiere für tot erklärte. Es sei nach 327 Tagen Suche „äußerst unwahrscheinlich“, dass jemand überlebt habe, sagte Azharuddin Abdul Rahman, Chef von Malaysias Zivilluftfahrtbehörde. Das ist die Voraussetzung dafür, dass den Angehörigen Entschädigungen ausbezahlt werden. Doch die sind empört und protestieren am Flughafen von Kuala Lumpur. Die Hinterbliebenen erheben schwere Vorwürfe gegen die Informationspolitik von Malaysia Airlines. Sie befürchten, dass ihnen Informationen vorenthalten werden.
Kosten im Millionenbereich
Die Kosten der Suche liegen bereits im zweistelligen Millionenbereich. Australien ist zusammen mit China einer der größten Geldgeber. „Alle vier beteiligten Schiffe werden ihre Aktivitäten auch am Jahrestag fortsetzen“, sagte Scott Mashford von der Koordinationsstelle für die Suche (JACC) in der australischen Hauptstadt Canberra. „Wir tun alles Menschenmögliche, um MH370 zu finden.“ Die Suche soll bis Mai dauern. „Wenn bis dahin keine Wrackteile gefunden werden, werden die Regierungen von Australien, Malaysia und China über die nächsten Schritte entscheiden.“ Von australischer Seite war bereits ein mögliches Ende der Suche thematisiert worden.
Man muss herausfinden, was passiert ist. Sonst entstehen noch mehr Geistergeschichten.
Rolf Seewald



Chronologie
8. März 2014: Malaysia Airlines teilt mit, dass der Kontakt mit Flug MH370 kurz nach dem Start in Kuala Lumpur abgerissen ist. Vor Vietnam beginnt eine groß angelegte internationale Suche.
9. März: Trotz intensiver Suche mit Flugzeugen und Schiffen fehlt jede Spur von der verschwundenen Maschine. Ein möglicher Terroranschlag gerät in den Blick.
11. März: Zwei verdächtige Passagiere mit gefälschten Pässen waren offensichtlich keine Terroristen, sondern Iraner, die nach Europa auswandern wollten. Es gibt keine Hinweise auf einen Terroranschlag.
14. März: Die Suche konzentriert sich auf den Indischen Ozean Hunderte Kilometer westlich der ursprünglichen Flugroute.
15. März: Nach einer Woche gibt die malaysische Regierung bekannt, dass die Kommunikationssysteme an Bord wahrscheinlich abgeschaltet worden sind. Die Boeing sei nach dem letzten Kontakt stundenlang auf neuem Kurs geflogen.
17. März: Eine Suche anhand zweier möglicher Routen läuft an.
24. März: Neuen Analysen zufolge ist MH370 im südlichen Indischen Ozean abgestürzt. Eine große Suchaktion wird in Angriff genommen, das Suchgebiet mehrfach korrigiert.
5. April: Die “pulsierenden Signale”, die ein chinesisches Schiff empfängt, sind nicht von der Blackbox, wie sich später herausstellt.
28. April: Die Suche wird auf den Meeresgrund verlagert.
28. August: Es werden neue Erkenntnisse zum möglichen Absturzort veröffentlicht. Eine Region weiter südlicher als bisher vermutet sei nun von besonderem Interesse, teilt die australische Regierung mit. Die Erkenntnisse beruhten auf der Auswertung eines fehlgeschlagenen Versuchs, die Piloten kurz nach dem Verschwinden vom Radar per Satellitentelefon zu erreichen. Von dem Anruf war zuvor nie die Rede.
23. Dezember: Ein Fünftel des Meeresbodens im 60.000 Quadratkilometer großen vermeintlichen Absturzgebiet wurde abgesucht. Die gesamte Zone soll bis Mai durchkämmt worden sein.
29. Jänner 2015: Malaysia erklärt alle Menschen an Bord von MH370 für tot. Ein Zwischenbericht über die Ermittlungen soll diesen Samstag veröffentlicht werden.
2. März: Australien gibt bekannt, dass nicht ewig weitergesucht werden kann. Das Land verhandelt bereits mit Malaysia und China über ein Ende der Suche.