Luftfahrt-Experte Seewald glaubt, dass Ursache rasch geklärt sein wird

Spezial / 24.03.2015 • 22:35 Uhr

Kontinuierlicher Sinkflug gibt Rätsel auf. Experte Seewald erwartet rasche Antwort.

Bregenz. Gestern, Dienstag, 10.53 Uhr. Der Kontakt zu Flug 4U 9525 reißt ab. Augenblicke später zerschellt die Maschine, ein Airbus A320 der Germanwings, in einem Felsmassiv. 150 Menschen verlieren ihr Leben. Die Unglücksursache war gestern zu Redaktionsschluss unklar.

Der Airbus war mit leichter Verspätung in Barcelona mit Flugziel Düsseldorf gestartet. Nur wenige Minuten nachdem die Maschine die planmäßige Flughöhe von rund 11.000 Metern erreicht hatte, verlor sie an Höhe. Laut Online-Dienst Flightradar24 ist die Maschine 900 bis 1200 Meter pro Minute hinuntergegangen. Einen Notruf vor dem Absturz hat die Crew nicht abgesetzt.

Der renommierte Vorarlberger Luftfahrtexperte Rolf Seewald spricht gegenüber den VN von einem kontinuierlichen Sinkflug. der ihn sehr irritiere. Wie bei Landeanflügen üblich. „Vielleicht ein etwas erhöhter Sinkflug“, ergänzt der Bregenzer. Er dauert acht Minuten. Was dazu geführt hat? Noch sei es viel zu früh, über eine mögliche Ursache des Unglücks zu spekulieren. Antworten darauf werde es allerdings bald geben, ist Seewald überzeugt. „Ich glaube, dass die Unfallursache schon in wenigen Tagen bekannt sein wird.“ Rückschlüsse werden die Aufzeichnungen der Blackbox sowie des Cockpit Voice Recorders bringen.

„Absolut guter Ruf“

Die vom Unglück betroffene Fluglinie Germanwings genießt laut Ex-Airliner Seewald einen „absolut guten Ruf“, was Flotte und Service betreffe. „Beim Thema Sicherheit gibt es keine Unterschiede zu Lufthansa.“ Dass etwa bei der Wartung gespart werde, könne er für die Billig-Fluglinie ausschließen. Auch die Piloten-Ausbildung zähle zu den besten.

Gegründet wurde die Germanwings 2002 als Konkurrenz für Low-Cost-Carrier wie Ryanair oder EasyJet. Heuer wollte die Lufthansa im Europaverkehr abseits der Drehkreuze Frankfurt und München ganz auf Germanwings setzen. Die Flotte der Billig-Airline besteht zu 60 Prozent aus Flugzeugen der Airbus A320-Familie. Die Absturzmaschine hatte ihren Jungfernflug bereits Ende 1990. „24 Jahre sind für ein Flugzeug kein Alter“, klärt Experte Rolf Seewald im VN-Gespräch auf. Das Flugzeug werde laufend auf den neuesten Stand gebracht. „Die Maschine wird von der Lufthansa Technik betreut, da sind die 24 Jahre nicht von Bedeutung.“ Aussagekräftiger seien die Stundenleistungen von Triebwerk oder Elektronik.

Den Markt großer Linienflugzeuge teilen sich Airbus und Boeing. Laut Seewald sind aktuell rund 6000 Jets von Airbus im Einsatz. Er bezeichnet sie als „technische Flugzeuge“, während Boeing den Piloten deutlich stärker ins Geschehen einbinde. „Es gab in der Vergangenheit bei Airbus Zwischenfälle, wo der Pilot nicht mehr eingreifen konnte.“ Das wird auch von AviationSafetyNetwork dokumentiert. Bis Februar dieses Jahres sind 27 Airbus A320 durch Unfälle zerstört worden. Dabei kamen 799 Menschen ums Leben.

Ich bin davon überzeugt, dass die Unfallursache schon in zwei, drei Tagen geklärt sein wird.

Rolf Seewald, Experte

Zur Person

Rolf Seewald

Luftfahrtexperte, Gründer der Rheintalflug und Intersky, Pilot, Fluglehrer und Prüfer

Geboren: 25. April 1942

Laufbahn: Rheintalflug (1973)

Familie: verheiratet mit Renate Moser, zwei Söhne