„Grund zur Sorge, aber kein Grund zur Panik“

Spezial / 22.03.2016 • 22:41 Uhr
Nach den Attentaten in Belgien wurden die Sicherheitsvorkehrungen in ganz Europa verstärkt. Auch in Österreich. 
Nach den Attentaten in Belgien wurden die Sicherheitsvorkehrungen in ganz Europa verstärkt. Auch in Österreich. 

Krisenstäbe in Österreich eingerichtet. Laut Mikl-Leitner weiterhin erhöhte Terrorgefahr.

Wien. Nach den Terroranschlägen in Brüssel besteht auch in Österreich Grund zur Sorge. Grund zur Panik sieht die Regierung allerdings nicht. Erschüttert hat die Staatsspitze auf die Attentate reagiert. Zwei Krisenstäbe wurden umgehend eingerichtet. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte, dass seit den Anschlägen in Paris auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo und einen koscheren Supermarkt ohnehin von einer erhöhten Terrorgefährdung ausgegangen werde. Es handle sich derzeit für Österreich allerdings um eine „abstrakte Gefährdung“. Der Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Peter Gridling, wollte für die Republik keine Entwarnung geben: „Wir können uns da nicht ausnehmen. Die Bedrohung durch den islamistischen Terror ist hoch.“

Sofortmaßnahmen

Sofortmaßnahmen nach den Brüsseler Anschlägen waren am Dienstag verstärkte Sicherheitsvorkehrungen auf den Flughäfen. Zudem wurde die polizeiliche Präsenz an Bahnhöfen, in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie rund um Gebäude internationaler Organisationen erhöht. Koordiniert werden die Aktivitäten von einem Krisenstab, dem Vertreter von Innen-, Außen-, Verteidigungs- und Infrastrukturministerium angehören. Außerdem eingerichtet wurde ein kleinerer Krisenstab im Außenamt für konsularische Angelegenheiten. Als Zeichen der Trauer und Solidarität wurden österreichische und EU-Fahnen an Parlament, Hofburg und Kanzleramt auf Halbmast gesetzt. Das Wiener Rathaus wurde schwarz beflaggt. 

Das österreichische Außenministerium erhöhte die Sicherheitsstufe für den Großraum Brüssel auf Stufe 3. Diese bedeutet, dass ein hohes Sicherheitsrisiko in einem bestimmten Gebiet besteht. Von nicht unbedingt notwendigen Reisen in das Gebiet wird abgeraten, weil dort die Gefahr gewalttätiger Auseinandersetzungen mit Todesopfern und ein hohes Risiko von Terroranschlägen bestehen. Beim Brüssel-Terror gebe es durchaus Ähnlichkeiten mit den Anschlägen in Paris, sagte Verfassungsschutzdirektor Gridling, betonte aber zugleich: Es gelte, die Ermittlungsergebnisse abzuwarten. Gerade in freien und offenen Gesellschaften könne es keine absolute Sicherheit geben. Daher stünden auch die Sicherheitsbehörden vor großen Herausforderungen. „Wir sollten jetzt nicht in Panik verfallen“, erklärte Gridling. Vor allem in Bezug auf Kontrollen vor den Zugängen zu Flughäfen zeigte sich der Beamte skeptisch.

Auch Nahostexpertin Karin Kneissl warnte vor Hysterie, wenngleich „die Vollkaskomentalität, die wir uns wünschen, nicht machbar“ sei. „Wir werden uns darauf einstellen müssen, mit solchen Unwägbarkeiten zu leben. Es wird ein anderer Alltag werden, wie ihn Menschen in Israel, Russland oder dem Libanon auch schon kennen. Das wird unser Leben beeinflussen. Es wird zu zivilen Patrouillen, Kontrollen in Unis, Hotels und anderen öffentlichen Gebäuden führen“, glaubt Kneissl. Die Bevölkerung müsse wachsam sein.

„Gotteslästerung“

Praktisch alle politischen Repräsentanten betonten am Dienstag, dass man dem Terror nicht nachgeben dürfe. „Terrorismus und Angriffe auf die Zivilbevölkerung dürfen uns nicht von unserem demokratischen Weg abbringen“, meinte Bundespräsident Heinz Fischer. Europa müsse den Terror gemeinsam bekämpfen und seine demokratischen Werte entschlossen verteidigen, erklärten Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in einer gemeinsamen Aussendung.

Äußerst scharf reagierte am Dienstag die Islamische Glaubensgemeinschaft auf die Anschläge. Sie wandte sich in einer Aussendung gegen die „irren Allmachtsfantasien“ von islamistischen Terroristen, denen nichts heilig sei: „Jeder ‚Allahu akbar‘ (Gott ist größer!) – Ruf, mit dem sie ihre Verbrechen begleiten, ist eine Gotteslästerung.“

In Österreich sollten wir jetzt nicht in Panik verfallen.

Peter Gridling