“Wir haben keine Angst vor den IS-Terroristen”

Trauer, Aufstand, Schweigeminute. Barcelona am Tag nach dem Terroranschlag.
Barcelona. Die Spuren der Attacke vom Vortag sind verschwunden: Der verbeulte Transporter, das Blut auf den Pflastersteinen. Stattdessen legen dort Menschen Blumen und Briefe nieder und zünden Kerzen an. Ein Mann joggt an schwer bewaffneten Polizisten vorbei. Die Kioske haben wieder offen, Einheimische und Touristen kaufen Zeitungen und Souvenirs. Die Eisverkäufer ziehen die Rollläden wieder hoch.
Am Tag nach dem Terroranschlag von Barcelona kehrt auf den Ramblas wieder ein Stück weit Normalität ein. „Wir haben keine Angst, denn das ist es, was sie wollen“, sagt Enrique Camprubi, der seit 40 Jahren in Barcelona lebt und fast jeden Tag die Ramblas entlanggeht. „Der Islamische Staat will uns Angst machen, damit wir zu Hause bleiben. Das ist das letzte, was wir tun werden.“
Schweigeminute mit König
Doch die Stimmung ist gedämpfter als sonst. Die Touristen flanieren meist stumm über die Ramblas. Geschlossen bleiben noch die Blumenläden in der Nähe jener Stelle, an der der Transporter zum Stillstand gekommen war, nachdem er die Passanten niedergefahren hatte. 13 kamen ums Leben, rund 100 wurden verletzt.
An der Plaça de Catalunya, am nördlichen Ende der Ramblas, versammeln sich am Tag danach Tausende, um der Opfer zu gedenken. Auch Ministerpräsident Mariano Rajoy und König Felipe VI. sind aus Madrid nach Barcelona gekommen, um zur Mittagsstunde eine Schweigeminute abzuhalten. Danach werden die Bewohner Barcelonas aber wieder laut. „No temim por! Wir haben keine Angst“, ruft die Menge im Chor.
Nicht unterkriegen lassen
Die Bürger zeigen: Sie wollen sich vom islamistischen Terror nicht unterkriegen lassen. Wo der Attentäter mit seinem Lieferwagen eine blutige Spur hinterlassen hatte, liegen neben Kerzen und Blumen Schilder mit der Botschaft: „Barcelona ist eine friedliche Stadt.“ Auch wenn die Flaniermeile Las Ramblas wieder voller Menschen ist, wird der Anschlag für lange Zeit Spuren hinterlassen.
Spanien und speziell Barcelona, zählten bislang für Millionen Touristen aus dem Norden Europas zu den verlockendsten und sichersten Urlaubszielen. Der letzte große Terroranschlag – auf den Madrider Bahnhof Atocha – liegt schon mehr als 13 Jahre zurück. Aber seit Donnerstag, 16.50 Uhr, ist es mit dem Sicherheitsgefühl vorbei. Ein Attentäter raste von der Plaça de Catalunya aus in die Fußgängerzone und überrollte auf 600 Metern alles, was ihm in den Weg kam. Die Behörden teilten später unmissverständlich mit: „Sein Ziel war es, so viele Menschen wie möglich zu überfahren.“ Nur wenige Stunden später werden in der Stadt Cambrils rund 100 Kilometer südwestlich von Barcelona fünf mutmaßliche Terroristen von der Polizei erschossen.
Rajoy dankt Rettern
Mariano Rajoy bezeichnet den Kampf gegen den Terrorismus als Europas größtes Problem. Am Tag nach dem Terror erklärt er, der Kampf müsse global geführt werden. Des Weiteren dankt Rajoy den Rettungskräften für ihre Arbeit nach den Anschlägen in Barcelona, wo am Donnerstag ein Lieferwagen in eine Menschenmenge gefahren war, und in der Küstenstadt Cambrils. Bei den zwei Anschlägen wurden insgesamt 14 Menschen getötet.
Der UN-Sicherheitsrat hat am Freitag im Namen der Ratsmitglieder die „skrupellose Terrorattacke“ auf das Schärfste verurteilt. Das erklärte der amtierende Ratspräsident, der ägyptische UN-Botschafter Amr Abdellatif Abulatta zu Beginn einer Sitzung des Gremiums zur Lage im Jemen. Der Anschlag habe auf unschuldige Zivilisten gezielt, sagte Abulatta. Der Sicherheitsrat übermittele den Angehörigen der Betroffenen sein tiefstes Beileid.
Mallorca soll sicherer werden
Nach dem Attentat in Barcelona hat die Urlaubsinsel Mallorca die Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt Palma verschärft. Arbeiter hätten bereits Betonbarrieren in der Fußgängerzone des Zentrums installiert, speziell auf der Plaça de la Porta Pintada, zitierte die „Mallorca Zeitung“ eine Mitteilung der Stadtverwaltung. Die Maßnahmen seien vom spanischen Innenministerium angeordnet worden. Auf der Plaça d‘Espanya und in der Einkaufsstraße Sant Miquel wurden zudem schwere Blumenkübel so positioniert, dass kein größeres Fahrzeug auf die beliebte Flaniermeile fahren kann.
Die Sicherheitsmaßnahmen sollen demnach auch an der Playa de Palma verschärft werden, speziell an der Schinkenstraße, dem Hotspot des Party-Tourismus.
Der Kampf gegen den Terrorismus ist Europas größtes Problem. Er muss global geführt werden.
Mariano Rajoy