Ein Kapitän auf neuem Kurs

Sport / 03.07.2013 • 20:28 Uhr
Harry Dürr mit Partnerin Andrea und den Töchtern Madlen (vorne) und Mara. „Ein liebenswerter Mensch.“
Harry Dürr mit Partnerin Andrea und den Töchtern Madlen (vorne) und Mara. „Ein liebenswerter Mensch.“

Für Harald Dürr hat die Zukunft begonnen. Seine Austria wird er dennoch nie mehr los.

Fussball. Er will sich etwas distanzieren. Sagt er. Nicht mehr auf alle Spiele gehen. „Geht ja schon aus dem Grund nicht, weil ich bei Alberschwende wohl oft am Freitagabend trainieren muss.“ Harald Dürr (34), lebende Legende der Lustenauer Austria, versucht die Abnabelung von jener Gemeinschaft, die er fast 20 Jahre lang atmete, spürte, litt und feierte. „Die Austria war sein Leben“, sagt Lebenspartnerin Andrea (32), während Harry seinen Glatzkopf leicht in Falten legt und schweigt.

Gedanken blieben

Der Kapitän hat das Schiff, das er so lange durch Ruhm und Ehre, aber auch durch heftige Stürme manövrierte, verlassen. Für Außenstehende völlig überraschend, löste Dürr seinen Vertrag auf. Er wird künftig für die Amateurmannschaft FC Alberschwende spielen, den dortigen Nachwuchs betreuen, die Trainer- B-Lizenz in Angriff nehmen und beruflich das eine oder andere ausprobieren. Warum hat Harry Dürr das nun getan? „Ich habe im Frühjahr öfters Rücktrittsgedanken gehabt. Ich glaubte: ,Das legt sich wieder‘. Aber als auch im Urlaub nicht verschwand, habe ich mich zu diesem Schritt durchgerungen.“

Zeit des Leidens

Natürlich hätte er das im Falle eines Aufstiegs nicht getan. Natürlich litt Harry Dürr mehr als jeder andere Spieler am historischen Rückfall jener Truppe, die noch im Herbst glänzte und als gebuchter Aufsteiger galt. Natürlich wird er das alles noch weiter aufarbeiten müssen. Angefangen hat er damit schon. Hat sich Bücher über Lebensschulung von seiner Lebenspartnerin Andrea schenken lassen und gelesen. „Sarah und die Eule“ heißt eines. „Es geht um positives Denken. Verschwende keine Energie in negative Dinge. Versuche in der Früh das Schöne am anstehenden Tag zu sehen.“

Viel Schönes in ihrem Partner sieht Freundin Andrea. „Er ist ein sehr liebenswerter Mensch mit großer Aufmerksamkeit für alles, was die Familie anbelangt“, schwärmt die gelernte Physiotherapeutin über ihren Harry. Zwei bezaubernde Töchter (Mara, 4) und Madlen (1) haben die beiden. Bisher hat sich Harry in der Früh vor dem Training um die beiden aufgeweckten Mädchen gekümmert. Auch den Kochlöffel schwang der Kapitän zur Mittagszeit sehr oft. „Er kann gut kochen“, gibt’s ein Kompliment mehr aus dem Mund der Partnerin.

Immer Austrianer

Zeit wird Dürr in Zukunft für die Familie weniger haben. Die Aufgaben in Alberschwende mit der Betreuung des Nachwuchses werden viel Zeit verschlingen. Am Abend wird er mit der Ersten trainieren müssen – der Gutnachtkuss für die Mädchen muss dann wohl entfallen. Und die Austria? Wird’s die für ihn im neuen Leben noch geben? „Natürlich. Man kann doch nicht einfach wegschieben, was für 20 Jahre der Lebensinhalt war.“ Eine Rückkehr in anderer Funktion zu seinem Stammverein ist für Harry Dürr immer vorstellbar. Er, der als einziger aktiver Profi die silberne Ehrennadel der Austria erhielt, hat seinen Platz in der grün-weißen, bald 100-jährigen Geschichte auf jeden Fall sicher. Er steht für die größten Erfolge des Vereins. Andersrum hat der Klub dem aus nicht einfachen Verhältnissen stammenden Bub eine Lebensschule geboten, die ihn zu einem einzigartigen Charakter reifen ließ.

20 Jahre lassen sich doch nicht so einfach wegschieben.

Harald Dürr
Der Papa als „Hahn im Korb“.Fotos: Steurer/2
Der Papa als „Hahn im Korb“.
Fotos: Steurer/2