Karl Kahr zog seine Berufung zurück

Bludenzer Urteil rechtskräftig. Ex-Skiläuferin und ihr Gatte vom Vorwurf übler Nachrede freigesprochen.
Bludenz, Feldkirch Der Prozess in Bludenz mit zwei Verhandlungstagen hatte österreichweit hohe Wellen geschlagen. Ex-Skitrainer Karl „Charly“ Kahr hatte eine ehemalige Vorarlberger Weltcupläuferin und ihren Gatten wegen übler Nachrede geklagt. Diese hatten in WhatsApp-Nachrichten an Jahrhundertsportlerin Annemarie Moser-Pröll schwere Vorwürfe gegen Kahr in Zusammenhang mit Missbrauch an früheren Schützlingen erhoben. „CK (Anm.: Charly Kahr) hat zusammen mit TS (Toni Sailer) viele Mädchen missbraucht und gebrochen“, schrieb der erstangeklagte Ehemann darin unter anderem. Moser-Pröll zeigte die Nachrichten Kahr. Der beschloss, die Ex-Weltcupfahrerin und ihren Gatten wegen übler Nachrede zu klagen und engagierte dafür den prominenten Anwalt Manfred Ainedter (67).
Der Prozess endete mit einem Freispruch für beide Beschuldigten. Richterin Daniela Flatz begründete das Urteil im Fall des Erstangeklagten damit, dass er die Nachrichten im guten Glauben daran geschrieben habe, dass die Vorwürfe aufgrund von Zeugenaussagen stimmen. Bei seiner Gattin sei das Delikt der üblen Nachrede nicht erfüllt.
Mennel verwundert
Nach der Urteilsverkündung am 10. Jänner dieses Jahres hatte Ainedter sich sehr unzufrieden gezeigt und umgehend volle Berufung angemeldet. Erzürnt war auch Annemarie Moser-Pröll. Sie war als potenzielle Zeugin nach Vorarlberg gereist, wurde dann aber nicht in den Zeugenstand berufen. Daraufhin beschwerte sich die vielfache Weltcupsiegerin lautstark.
Die nunmehrige Begründung Charly Kahrs für seinen Rückzug der Berufung: Er wolle im Hinblick auf sein hohes Alter, seine angeschlagene Gesundheit und aus Rücksicht auf seine Familie das Rechtsmittel zurückziehen. Das Bezirksgericht Bludenz erklärte das Urteil daher für rechtskräftig.
„Meine Entscheidung war das nicht, aber selbstverständlich respektiere ich die Vorgangsweise meines Mandanten. Er wollte sich das alles einfach nicht mehr antun“, kommentierte Ainedter in einer ersten Reaktion gegenüber den VN den Abschluss des Verfahrens. Gleichzeitig machte er aber deutlich: „Dieses Ende ist jedoch alles andere als ein Schuldeingeständnis von Kahr. Der Freispruch war eine rein juristische Entscheidung. Daraus abzuleiten, dass die Vorwürfe stimmen, ist völlig verfehlt. Es gibt keinen Freibrief dafür, diese zu wiederholen.“ Ainedter hatte noch in Bludenz angekündigt, bei der Berufungsverhandlung am Landesgericht Feldkirch, die Anschuldigungen zu widerlegen und „die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen“.
Verwundert zeigte sich der Rechtsanwalt des beschuldigten Ehepaars, Martin Mennel. Es stelle sich die Frage, warum Kahr die Berufung tatsächlich zurückgezogen habe, meinte Mennel gegenüber der APA. „Nach Kahrs Argumentation hätten die gegen ihn erhobenen Anschluldigungen in einem ordentlichen Verfahren widerlegt werden können.“ Mennel bedauert, dass es Kahr nicht der Mühe wert gefunden hätte, sich bei seinen Mandanten, die er völlig unberechtigt gerichtlich belangt habe, zu entschuldigen. „Er sieht keinen Anlass zu einer Entschuldigung“, teilte dazu Kahrs Rechtsvertreter Manfred Ainedter mit.
Verblüffung bei Werdenigg
Erfreut über die aktuelle Entwicklung des Gerichtsfalls zeigte sich auch Nicola Werdenigg (60). Sie war es, die den Missbrauchsskandal im Österreichischen Skiverband mit ihren Aussagen ins Rollen gebracht hatte und auch als Zeugin in Bludenz über die ihrer Wahrnehmung nach „exzessiven sexuellen Stimmungen“ im österreichischen Skiteam der 1970er- Jahre berichtete. „Dass es in diesem Verfahren jetzt zu einem schnellen Ende gekommen ist, bedeutet für die Betroffenen gewiss eine große Erleichterung“, äußerte sich Werdenigg in einer Stellungnahme gegenüber den VN. Sie sei zwar schon ein wenig verblüfft, dass der Fall diese Entwicklung genommen hat. „Nachdem Ainedter sich noch in Bludenz so entschlossen gezeigt hatte, beim Berufungsverfahren die Wahrheit ans Tageslicht bringen zu wollen“, so Werdenigg. Von der Ex-Skiläuferin und ihrem Gatten gab es keine Stellungnahme.
„Meine Entscheidung war‘s nicht. Mein Mandant wollte sich das alles nicht mehr antun.“