Das sagt Bullen-Trainer Marsch vor dem Lustenau-Spiel

Im Interview verrät der US-Amerikaner, welche Gedankenspiele ihn vor dem ÖFB-Uniqa-Cupfinale 2020 gegen Austria Lustenau beschäftigen.
Salzburg Jesse Marsch (46), Trainer von RB Salzburg, erlebte im Herbst 2019 das, von dem jeder Coach vor ihm bei den Mozartstädtern nur träumen durfte – die Champions League. In der Gruppe mit dem FC Liverpool, SSC Napoli und KRC Genk ging wohl die 3:4-Niederlage an der Anfield Road in die österreichischen Geschichtsbücher ein. Marsch und seine Kicker brachten den amtierenden Champions League-Sieger an den Rand einer Niederlage. Am Freitag (20.45 Uhr) wartet auf den US-Amerikaner ein ganz anderes Kaliber. Im ÖFB-Cupfinale trifft man auf Austria Lustenau. Seines Zeichens Zweitligist und haushoher Außenseiter. Doch Marsch wäre nicht Marsch, würde er sich nicht vornehm zurückhalten mit Prognosen. VN.at gewährte der Bullen-Trainer einen Einblick in seine Gefühlswelt vor seinem persönlich ersten Finalspiel.
Wie haben Sie die letzten Monate in Zeiten der Coronakrise erlebt?
Es war eine seltsame Zeit. Die Situation in manchen Ländern war dramatisch und auch meine Familie und ich haben uns Sorgen um die Gesundheit gemacht. Positiv war, dass wir als Familie viel Zeit miteinander verbringen konnten. Das ist mitten in der Saison nicht üblich. Sportlich konnten wir bei RB Salzburg diese Zeit aber auch für Verbesserungen innerhalb des Teams nützen, wir haben viel Videos geschaut und uns überlegt, was wir verbessern können.
Welche Auswirkungen auf Sie persönlich hat die Krise?
Natürlich haben wir uns strikt an die Vorgaben der österreichischen Regierung, die das insgesamt sehr gut gemacht hat, gehalten und waren mit Homeoffice und Homeschooling unserer Kinder bei uns zuhause in Eugendorf versorgt. Dabei habe ich auch schon gelernt, dass ich wohl ein besserer Trainer bin als Lehrer für meine Kinder (lacht).
Welche Auswirkungen hat die Krise auf Ihr Team?
Wir mussten ganz besonders unsere jungen ausländischen Spieler unterstützen. Sie waren ja alle in Salzburg, weit weg von ihrer Heimat und ohne persönlichen Kontakt zu ihren Familien, die überall auf der Welt verteilt leben. Da war es wichtig, dass wir ihnen ein gutes Gemeinschaftsgefühl vermittelt und uns um sie gekümmert haben.
Wie groß ist Ihre Vorfreude, dass es wieder losgeht?
Die Vorfreude ist riesengroß, ganz besonders weil es mit einem Finale startet. Es geht gleich im ersten Spiel um einen Titel, den wir unbedingt holen wollen. Das heißt, wir müssen sofort auf alles vorbereitet sein.
Wie speziell ist die Ausgangssituation: Erstes Match in Österreich nach Coronakrise und dann gleich das Cupfinale – ein Alles-oder-Nichts-Spiel.
Wir wissen, dass wir in diesem Spiel Favorit sind. Doch es reicht nicht, dass wir das am Papier sind. Wir müssen es auch im Spiel zeigen. Mit dem FC Red Bull Salzburg wollen wir Titel holen, am Freitag haben wir die erste Möglichkeit in dieser Saison.
Hier geht es zum Video mit RBS-Trainer Jesse Marsch
Müssen Sie Ihre Mannschaft aktuell sogar bremsen bezüglich der Euphorie auf das erste Match seit Langem? Stichwort: Übermotivation.
Wir hatten in der gesamten Vorbereitung den richtigen Fokus auf das, was uns jetzt erwartet. Natürlich sind wir euphorisch, aber noch mehr sind wir entschlossen, Top-Leistungen zu erbringen.
Was wissen Sie über Austria Lustenau und deren Spielweise? Wie erwarten Sie Lustenau im Finale?
Wir wissen natürlich, dass Austria Lustenau viele clevere Offensivspieler hat. In der Defensive und bei den Umschaltsituationen müssen wir deshalb sehr diszipliniert agieren. Und auch bei Standardsituationen müssen wir konzentriert bleiben. Es ist ein Finalspiel, da kann viel passieren.
Wie behagt Ihnen persönlich die Rolle des Favoriten?
Es gibt in Österreich nicht viele Spiele, in denen wir nicht der Favorit sind. Dies ist also etwas, mit dem wir zu leben gelernt haben, womit wir gut umgehen können.
Austria-Trainer Mählich erklärte: „In 20 Spielen verlieren wir wohl 19 Mal gegen RBS, aber in dem einem Spiel kann immer etwas passieren.“ Was braucht es aus Salzburger Sicht, damit dieses eine Mal nicht eintritt?
Wir müssen konzentriert bleiben und alles dafür tun, dass es am Freitag eines der 19 Spiele ist und nicht das eine.
Was für einen Einfluss hat es, dass das es ein Geisterspiel ist? Für wen ist es ein Vorteil? Ist es überhaupt ein Vorteil?
Das ist schwierig zu sagen. Vielleicht ergibt sich dabei ein kleiner Vorteil für den Underdog, weil der Heimvorteil ja weg fällt. Aber wir wollen auch ohne unsere Fans, für die wir spielen, große Leidenschaft zeigen.
Haben Sie Lehren aus den ersten Spielen in Deutschland gezogen, um Ihre Mannschaft auf ein Geisterspiel besser vorbereiten zu können?
Auffällig war, dass die Kommunikation zwischen Trainer und den Spielern einfacher geworden ist, weil man sich besser hören kann. Darauf müssen wir uns gut einstellen und es auch für uns nutzen. MKR