Tom Kofler beklagt katastrophales Vorgehen des Verbandes bei Ö-Tour-Absage

Österreich-Radrundfahrt fällt wie schon 2020 auch dieses Jahr aus.
Wien, Rankweil Die heimischen Teams sind enttäuscht und erbost über das Vorgehen, das zum Aus der heurigen Österreich-Radrundfahrt geführt hat. Thomas Kofler, langjähriger Manager des Vorarlberg-Rennstalls, beklagte eine katastrophale Kommunikation und sprach von Ignoranz der Entscheidungsträger gegenüber den Mannschaften. Die zunächst auf Anfang September verschobene Rundfahrt aus nur noch vier geplanten Etappen war nun aus finanziellen Gründen abgesagt worden.

“Ich finde die Art und Weise, wie das gelaufen ist, eine Katastrophe. Die Ignoranz, dass wir nicht mit ins Boot geholt worden sind, ist enttäuschend für uns. Die Teams wurden nicht gefragt. Da sieht man, dass Kommunikation des Verbandes nicht da ist, nicht in der Form, wie wir sie uns wünschen”, sagte Kofler und gab an, dass er damit in Abstimmung mit den anderen Rennställen für alle österreichischen Kontinentalrennställe sprechen würde. Tirol-Team-Boss Thomas Pupp schloss sich der Kritik von Kofler an.
ÖRV-Vize weist Vorwürfe zurück
Gerald Pototschnig, Vizepräsident des Österreichischen Radsportverbands (ÖRV) kann diese nicht nachvollziehen und gibt außerdem an, dass nicht alle Teams dieser Meinung seien. “Den Vorwurf der schlechten Kommunikation kann ich nicht gelten lassen, es gab regelmäßige Videokonferenzen mit den Teams”, betonte Pototschnig. Dass die Rennställe bis zum ÖRV-Präsidiumsbeschluss am Montagabend lange hingehalten worden wären, weist der Steirer ebenfalls zurück. Die ÖRV-Verantwortlichen hätten sich bis zum Schluss mit großem Einsatz um die Rettung des Rennens bemüht. Darüber hinaus werde sich der ÖRV nicht mehr äußern, meinte Pototschnig mit dem Verweis auf die am Dienstag kommunizierten hohen Kosten für Covid-Auflagen und ausgefallenen Sponsorenzusagen als Gründe für die Absage.
Wir wurden nicht gefragt
Kofler versteht indes nicht, warum man nicht auf alle Stakeholder wie die Teams samt ihren Sponsoren zugegangen ist, die über die Erfahrung und die Möglichkeit zur Ausrichtung von Etappen verfügen. “Wieso hat man uns nicht gefragt, uns reinen Wein eingeschenkt. Man hat uns nicht gelassen, wir hätten Etappen organisiert. Da bekommt man nicht einmal die Chance zu helfen”, beklagte Kofler mit dem Hinweis auf das erfolgreiche Vorarlberg-Gastspiel der Rundfahrt 2018. “Die erneute Absage trifft sportlich tief ins Mark. Zwar präsentieren wir unsere Partner und den österreichischen Radsport auch sehr gut bei unseren vielen und erfolgreichen Auslandsstarts, dennoch ist und bleibt die Ö-Rundfahrt für uns die wichtigste Radsportbühne auf heimischen Boden. Ihr gehört die große mediale und öffentliche Aufmerksamkeit, auf sie sind die Scheinwerfer gerichtet, bei ihr möchten sich viele junge österreichische Radsportler einmal ins Rampenlicht fahren. So wie Lukas Pöstlberger, Felix Großschartner, Patrick Konrad, Michael Gogl, Gregor Müllberger und viele andere, die die Rundfahrt als entscheidendes Sprungbrett zu den Profis nützen konnten.”
“Ich kann die wirtschaftlich begründeten Erklärungen
Tom Kofler, Radteam Vorarlberg
für die Absage der Rundfahrt nicht nachvollziehen.”
Die Absage sei für die Teams hart. “Das ist schwer zu akzeptieren, ich will das so nicht hinnehmen. Die Rundfahrt ist eine Institution, die hat man vor Corona noch nie abgesagt”, sagte Kofler. Pupp stimmte zu. “Für uns ist es ein herber Schlag, weil die Rundfahrt ist die Veranstaltung auf heimischem Boden.”
Zwei Jahre ohne Rundfahrt sei für die Rennställe schwer zu verkraften. Die Absage im Vorjahr aus Pandemie-Gründen sei ja noch nachvollziehbar gewesen, diesmal sei die Planungsphase und der Umgang mit den Teams aber sehr schlecht verlaufen. “Für uns ist es wirklich ein große Enttäuschung, wir bedauern das wirklich. Was Thomas Kofler zu recht kritisiert, ist die Art der Kommunikation”, so Pupp. Dieser Meinung seien auch alle anderen Teams, mit denen man sich abgestimmt habe, betonte auch der Tiroler. Schließlich werde ihnen erneut die größte heimische Bühne genommen.
Tom Kofler 2015 mit Victor de la Parte nach dessen Gesamtsieg bei der 67. Österreich-Rundfahrt in Bregenz. Nach dem Triumph seines Schützlings sprang Tom Kofler vor Freude in den Bodensee.
Kofler versteht zwar, dass der Verband das finanzielle Risiko schlussendlich nicht eingehen wollte, aber das Zustandekommen der Entscheidung ohne Miteinbeziehung der Teams sei nicht tolerierbar. “Mit der Kommunikation tue ich mir extrem schwer, da können wir alle nicht mit. Dass nun eine der ältesten und traditionsreichsten Sportveranstaltungen des Landes auch heuer einen leeren Platz im Veranstaltungskalender einnimmt, obwohl vielerorts wieder Rennen stattfinden, löst bei uns größtes Bedauern aus.”
Eine Lösung für die Zukunft wäre für Pupp, die Organisation der Rundfahrt vom ÖRV wegzubringen, um die Ressourcen des Verbandes in eine andere Richtung zu lenken. Er kann außerdem nicht nachvollziehen, dass man den aktuellen Radsportboom auf Verbandsebene nicht besser nützt. Pototschnig sieht das natürlich ganz anders. Außerdem sei das deutlich schlankere Präsidium seit der Amtsübernahme 2019 dabei, den Verband nachhaltig umzustrukturieren. Das werde auch mit der seit vielen Jahren immer wieder mit Finanzproblemen kämpfenden Rundfahrt passieren, versprach der Steirer.