Deshalb erwartet Gerhard Berger ein “Gigantenduell” bis zum Finale

Der Tiroler feiert am Wochenende Geburtstag, wird sich aber mehr für den belgischen Grand Prix interessieren.
Spa-Francorchamps Kaum zu glauben, aber Gerhard Berger wird Samstag 62 Jahre alt. Doch weder das Feiern noch die umfangreiche Arbeit als Alleinverantwortlicher der DTM, deren nächstes Gastspiel vom 3. bis 5. September in Spielberg folgt, allerdings ohne Christian Klien und sein JP-Team, mit der er alle Hände voll zu tun hat, halten den alten Racer davon ab, die Formel 1 weiter genau zu beobachten. Und er ist von der aktuellen Situation mit einem „Gigantenduell“ begeistert.
Zum Titelkampf meint der Tiroler: „Vor Kurzem hätte ich noch gesagt, Max wird es heuer stemmen, aber in der Formel 1 darfst du die Konkurrenz nie unterschätzen und nichts für gesichert halten. Max müsste eigentlich mit einem komfortablen Vorsprung in der WM nach Spa-Francorchamps kommen, aber Mercedes und Hamilton veränderten die Lage – mit allen Mitteln.“
„Ich erlebte schon viele Gigantenduelle in der Formel 1., aber das heuer ist einzigartig.“
Gerhard Berger über das Duell zwischen Hamilton und Verstappen
Gerhard Berger
Große Anerkennung
Vom Niederländer, der in den nächsten beiden Rennen (nach Spa folgt das Volksfest in Zandvoort am 5. September) „Heimspiele“ hat, ist Berger seit Langem angetan: „Ich habe ihn früh zu beobachten begonnen. Der erste, der mich aufmerksam machte, war mein ehemaliger Konkurrent Huub Rothengatter. In Max‘ Formel-3-Zeit, als ich in der FIA für die Nachwuchsserien zuständig war, war das Riesentalent schon klar. Da beeindruckte er mich bei einem Rennen in Imola besonders. Viele meinten, er habe einen stärkeren Motor, was Unsinn war. Er war einfach besser, überholte auch auf der Wiese.“
Berger anerkennt auch die Arbeit von Verstappen senior: „Max bekam eine harte Schule durch Papa Jos. Mittlerweile ist er für mich nicht nur als Fahrer, sondern auch als Typ herausragend. Ich mag ihn.“ Mit Jos Verstappen verbindet Berger eine einschneidende Erinnerung: Hockenheim 1994. Berger gewinnt im Ferrari, Verstappen sitzt beim Tankstopp im brennenden Benetton…
Auswirkungen auf die Vorbereitung für 2022 erwartet Berger bei den führenden Mannschaften nicht: „Das Duell um den Titel heuer wird immens viel Kraft für alle Beteiligten kosten. Dennoch werden die beiden Topteams deswegen keinen Nachteil in der Entwicklung der neuen Autos haben, die schaffen das mit ihrem Personal.“
Und zur Saison sagt Berger: „Ich erlebte schon viele Gigantenduelle in der Formel 1, aber das heuer ist einzigartig, mit den zwei Topfahrern, den Technikgenies dahinter, mit Toto Wolff gegen Helmut Marko – das sind alles herausragende Fachleute, die für eine unglaubliche Ausgangslage sorgen. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Entscheidung erst in Abu Dhabi fällt.“
Noch nicht verdaut
Red Bulls Motorsport-Boss Marko (der offizille Titel ist „Berater“) hat die Ereignisse von Silverstone – Hamilton schießt Verstappen bei 250 in die Reifenstapel – und vom Hungaroring – Bottas eliminiert Pérez und beschädigt indirekt Verstappen – kaum verdaut. Für ihn ist die Relation der Strafen für die Mercedes-Fahrer und des „Vergehens“ von Sebastian Vettel in Ungarn – Disqualifikation wegen zu wenig Sprit im Tank nach Zieldurchfahrt – mehr als fragwürdig. Zur zweiten Saisonhälfte sagt der Grazer: „Wir sind mittlerweile auf allen Strecken stark, da gibt es kein Handicap. Wir werden versuchen, das Motorrisiko so gering wie möglich zu halten. Mit Hamilton gibt es einen extrem starken Gegner und mit Mercedes ein Team, das scheinbar vor nichts zurückschreckt.“ Wahrscheinlich ist aber, dass Red Bull bald Strafversetzungen drohen, da durch die Unfälle früher als geplant neue Antriebsteile verwendet werden mussten und das Limit dafür bald überschritten sein könnte.
Und dann wartet die gesamte Formel-1-Community auf die Fahrerbekanntgaben der beiden Topteams. Sergio Pérez dürfte seinen Platz bei Red Bull wohl behalten, Valtteri Bottas ist bei Mercedes arg gefährdet, und George Russell (Williams) ist sprungbereit. GK