Mixed Zone mit Egon Theiner: Im Osten und Westen meines Herzens

Das Déjà-vu, auf das ich mich gefreut hätte, ist ausgeblieben. Anna Gasser verpasste beim Slopestyle der Frauen nicht nur Gold, sondern auch eine Medaille. Vor vier Jahren moderierte ich ihre Sieger-Pressekonferenz in Pyeongchang, nachdem sie zum Big-Air-Triumph geflogen war. Kein Déjà-vu, wie schade.
Ein Fan der Kärntner Snowboardqueen bin ich dennoch geblieben, weil ich – neben beruflich erforderlicher Professionalität – eben Fan und nicht Gloryhunter bin. Gasser verdient sich Respekt und Anerkennung nicht nur durch ihre Schwünge und Sprünge, sondern auch durch ihr gelassenes Auftreten bei Sieg wie Niederlage. In der Mixed Zone von Genting analysiert sie zuerst mit ÖSV-Snowboardreferent Christian Galler nüchtern das Geschehene, gibt dann geduldig den Medienvertretern Antwort auf deren Fragen. Und wenn jemand ein Selfie, ein Foto, ein Autogramm haben möchte, dann steht die Boarderin auch dafür zur Verfügung.
Es schmerzt echt, sie nicht in der Pressekonferenz zu haben, dort, wo Zoi Sadowski Synnott als erste Olympiasiegerin aus Neuseeland ihr Meisterwerk resümiert, dort, wo die großen Agenturen wie Xinhua, AP, Reuters alles von allen wissen wollen. Dann tröste ich mich damit, dass Gasser im Big Air noch eine Medaillenchance hat. Dieser wird fern von mir in Peking ausgetragen – doch ich nehme mir vor, ihn nicht zu verpassen.
Dass österreichische Snowboarder oder Freestyler es dann doch noch in die Pressekonferenz schaffen – na davon gehe ich doch aus! Da haben die rot-weiß-roten Farben doch einige sehr heiße Eisen im Feuer. In der Zwischenzeit freue ich mich (als Wahl-Österreicher) über Teresa Stadlobers Bronze, (als Staatsbürger) über die beiden Silbermedaillen Italiens, (als Sprachgruppenzugehöriger) über Silber für Deutschland, (und als aktueller Gastarbeiter) über Gold für China. Wohl wissend, dass es täglich mehr werden.
Im Osten meines Herzens bin ich aktuell Chinese. In dessen Westen hoffe ich auf viele Medaillengewinne Österreichs.
