Wenn alte, reiche Männer regieren

Sport / 06.02.2023 • 18:43 Uhr
Clark Hunt (l.) und Jeffrey Lurie übten mit den Championship Trophys bereits für die Super Bowl.AP/2
Clark Hunt (l.) und Jeffrey Lurie übten mit den Championship Trophys bereits für die Super Bowl.AP/2

Die NFL als geldscheffelnder Gentlemen’s Club.

Schwarzach Wenn in der Nacht auf Montag das Endspiel der National Football League (NFL) bzw. Super Bowl 57 zwischen den Kansas City Chiefs (KC) und den Philadelphia Eagles (PHI) über die Bühne geht, dann ist das nicht nur das jährliche Hochamt des American Footballs, sondern auch eine Auslage, in deren Glanz sich die jeweiligen Teambesitzer sonnen dürfen. Mit Clark Hunt (KC) und Jeffrey Lurie (PHI) sind das für NFL-Verhältnisse sogar recht Progressive.

Der durchschnittliche Besitzer einer NFL-Franchise lässt sich folgendermaßen charakterisieren: milliardenschwer, männlich, deutlich über 60 Jahre alt, bisweilen exzentrisch, politisch situationselastisch bzw. opportunistisch und mit oft republikanischer Schlagseite. Gerade mal eine Handvoll Frauen darf im erlesenen Zirkel der 32 mit an den Verhandlungstischen sitzen, allesamt nur, weil sie Franchises geerbt bzw. vermacht bekommen haben. Denn bislang hat sich keine einzige Frau in die mächtigste und teuerste Sportliga der Welt eingekauft.

Das Gremium ebenjener 32 „franchise owner“ bestimmt über die Geschicke der NFL, es stellt die Weichen für Regeländerungen genauso wie für Wirtschafts- oder Marketingfragen. Zwar unter Anleitung und Führung von Roger Goodell, seines Zeichens „NFL Commissioner“, aber doch immer als „Gentlemen’s Club“. Auch deswegen werden Entscheidungen oftmals nur unter einem einzigen Gesichtspunkt gefällt: immer noch mehr Geld zu verdienen.

5000 Prozent Wertsteigerung

Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der wertvollsten Sportteams der Welt. Unter den 50 lukrativsten Mannschaften befanden sich 2022 satte 30 aus der NFL. Mit 7,43 Milliarden Euro sind die Dallas Cowboys von Besitzer Jerry Jones die am höchsten bewerten Entität der Forbes-Liste. Wenn man bedenkt, dass ebenjener Jones die „Boys“ im Jahre 1989 für lediglich 140 Millionen Euro erstanden hat – was einer Wertsteigerung von schmalen 5000% entspricht – dann kann man schon erahnen, wie begehrt der Besitz von Sportteams im Allgemeinen und jener von American-Football-Franchises im Speziellen ist. Als letztes NFL-Team wechselten übrigens die Denver Broncos im vergangenen Jahr den Besitzer. Nach dem Tod von Teamgründer Pat Bowlen verkauften die Broncos-Erben die Franchise an den Wal­mart-Erben Rob Walton. Die 4,32-Milliarden-Euro-Transaktion bedeutete einen neuen Allzeit-Rekord für eine Neuübernahme.

Umzug leicht gemacht

Der Gentlemen’s Club lässt aber auch sonst wenig unversucht, um beim Geldscheffeln tunlichst ressourcensparend vorzugehen. Nicht zuletzt durch taktisch kluge politische Zuwendungen ist die NFL von einigen Steuern ausgenommen, die Teambesitzer zapfen beispielsweise für Stadionneubauten regelmäßig gekonnt die Budgets der Bundesstaaten an, in denen sie residieren. Stellt sich dabei eine Stadt oder ein Staat quer – wie vor wenigen Jahren im Falle von Oakland – dann wird flugs von „relocation“ gesprochen. Weil die Bürgermeisterin von Oak­land entschied, dass die vielen hundert Millionen Dollar für einen Um- oder Neubau des Football-Stadions besser in die marode öffentliche Infrastruktur investiert wären, zog die Franchise von Besitzer Mark Davis nach Las Vegas um, wo bereits ein neues, knapp zwei Milliarden Euro teures Stadion wartete. Nur eines von vielen Beispielen, wo Tradition, Kultur und lokale Verwurzelung monetären Vorzügen hintenangestellt werden.

Dass es sich auch beim Thema „player safety“ bzw. dem Schutz der Athleten recht ähnlich verhält, darf ich Ihnen morgen an dieser Stelle darlegen.

Wenn alte, reiche Männer regieren

National Football League

Super Bowl LVII 2023

Montag, 13. Februar, 0.30 Uhr MEZ

Philadelphia Eagles – Kansas City Chiefs

Live auf DAZN, Pro Sieben oder PULS 4.

Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist, TV-Kommentator und Sendungsproduzent. Er arbeitet u.a. für PULS 24 und das Streaming-Portal DAZN. American Football und Eishockey sind seine großen Passionen.