Posse in Olympischem Comité: Stoss um Schadensbegrenzung bemüht

ÖOC-Präsident Karl Stoss verteidigt Vorgehen des Vorstands rund um verschobene Vorstandswahl und Hauptversammlung. Solch eine außerordentliche wird es nun geben.
Wien Wenn man dem Präsidenten des Österreichischen Olympischen Comités (ÖÖC) so zuhört, könnte man glauben, dass die verfahrene Situation eigentlich eine ganz Normale ist. Der Dornbirner Karl Stoss spricht in einem Pressesgespräch in Wien von einer – wegen der Verschiebung der Olympischen Spiele 2020 – ganz regulär verlängerten Funktionsperiode des Vorstands, er berichtet von einem statutenkonformen Vorgehen des Vorstands rund um den Wahlausschuss und er widerspricht Vorwürfen nach einer „Sesselkleberei“ durch den Vorstand. Doch von außen gesehen wirkt nichts normal, was in den vergangenen Wochen rund um das Olympische Comité passiert ist. Eher ganz im Gegenteil.
Hintergrund ist ein vor einigen Tagen eskalierter Streit um die Neuwahl des Vorstands. Eigentlich hätte die ordentliche Hauptversammlung für diesen Zweck am 14. Juni stattfinden sollen. Doch der Vorstand hatte den zuvor selbst eingesetzten Wahlausschuss mit Mehrheitsbeschluss abgesetzt, nachdem dessen Wahlvorschlag über die Medien an die Öffentlichkeit gelangte, bevor der Vorstand darüber informiert wurde. Der Vorstand rund um den Präsidenten Stoss nahm das zum Anlass, dem Wahlausschuss das Misstrauen auszusprechen.

Offene Fragen
Eine genaue Begründung dafür, ohne Fragen offen zu lassen, blieb Stoss aber weiter schuldig. Die Weitergabe des Wahlvorschlags widerspreche der Geschäftsordnung; wer genau aber aus seiner Sicht dafür verantwortlich ist, konnte oder wollte er gegenüber den anwesenden Medienvertretern nicht sagen: „Der Wahlausschuss hat getagt, hat einen Vorschlag erarbeitet. Dieser ist unglücklicherweise – entweder bewusst oder unbewusst, durch Dritte oder durch wen auch immer, an die Öffentlichkeit gelangt, bevor er dem ÖOC-Vorstand vorgelegt wurde.“ Womöglich durch Dritte also. Ist das Misstrauen gegenüber des Wahlausschusses bei einer solch unklaren Situation dann nicht ein sehr starker – zu starker – Schritt, wird Stoss weiter gefragt. Nein, befindet dieser: „Weil wir auch Kenntnis davon haben, dass schon am Vorabend ein WhatsApp über diesen Artikel an die Mitglieder des Wahlausschusses versendet wurde. Darüber, was da kommen wird.“
!["Man kann vielleicht auf den einen oder anderen Empfang des Bundespräsidenten [l.] gehen", erklärt Stoss die Vorzüge seines Amtes. Er sei aber kein "Sesselkleber", denn: "Das ist nicht das Allerwichtigste." <span class="copyright">GEPA</span>](/2023/06/GEPA-20220222-101-116-0017-1-768x512.jpg)
Formalitäten und Inhaltliches
Das hätte für die Entscheidung des Vorstands ausgereicht, auch wenn Stoss nicht ausführt, wer genau Urheber welcher Nachricht war. Abgesehen von der Auflösung des Wahlausschusses, die eben, aus Sicht des Vorstands, aufgrund des Formalfehlers und des daraus entstandenen Misstrauens vonstattenging, äußerte Stoss aber auch inhaltliche Kritik am aufgetauchten Wahlvorschlag und stützte sich dabei andere Gremien: „Diese Veröffentlichung hat zu einem Aufschrei der Athletenkommission geführt.“
Diesem waren zu wenige Wintersportverbände im Wahlvorschlag enthalten – für Stoss „durchaus eine berechtigte Forderung, Österreich ist ein sehr erfolgreiches Wintersportland“ -, außerdem äußerte die Kommission Kritik an einzelnen ausgewählten Persönlichkeiten. Stoss sprach hier explizit Elisabeth Max-Theurer (66) an, die seine Stellvertreterin im Vorstand ist, die von ihm für ihre „großartige Arbeit“ gelobt wird, die sich aber nicht auf dem Wahlvorschlag fand.
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Weil sich 21 Fachverbände zudem gegen den Vorschlag ausgesprochen hätten, sieht Stoss außerdem keine Chance auf eine Mehrheit in der Hauptversammlung, aber: „Es hat geheißen, ‚dieser Vorschlag ist unumstößlich‘, also auf gut Deutsch: ‚Friss oder stirb!‘“ Das ändere aber nichts daran, so Stoss, dass er die grundlegenden Überlegungen des Ausschusses nach einem jüngeren und weiblicheren Vorstand unterstütze.
Ein Ausweg ist aber trotz der Neu-Konstituierung des Wahlausschusses nächste Woche nicht in Sicht: Dieser wird besetzt von den Dachverbänden und mehrheitlich von Fachverbänden. Also von jenen, denen der ursprüngliche Vorschlag nicht passte. Österreichs organisierter Sport scheint zerrissen.
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“Gegenpartie” holt zur Riposte aus
In diesem längst öffentlich ausgetragenen Zwist um die Besetzung der Spitzenfunktionen geht es also ans Eingemachte. Zeitgleich mit dem Pressegespräch mit Präsident Karl Stoss beriefen nämlich fünf Fachverbände eine außerordentliche Hauptversammlung ein. Dies können zehn Prozent zehn Prozent der dortigen Vertreter; die Versammlung muss dann laut Statut in spätestens vier Wochen stattfinden: Also spätestens am 3. Juli. Stoss kritisierte diese Ansetzung, finden doch zwischen 21. Juni und 2. Juli die Europaspiele im polnischen Krakau statt: „Aber das scheint die wenigsten zu scheren. Wir werden versuchen, diesen Termin einzuhalten.”
Die Tagesordnungspunkte der Versammlung – wie etwa von den Verbänden geforderte Statutenänderungen oder ein möglicher Misstrauensantrag gegenüber der aktuellen ÖOC-Führung – wird erst in den kommenden Wochen festgelegt. Im Raum stehen Überlegungen, worüber die fünf Verbände in einem weiteren Pressegespräch informierten, wonach der Wahlausschuss vom Vorstand widerrechtlich abgesetzt worden sein solle: Der Wahlausschuss sei weiter im Amt. Im Wunsch von Stoss auf einzelne Personen im Vorstand sehen die fünf Verbände außerdem eine Überschreitung seiner Kompetenzen.
