Geldgeber hievten Clubs an die Spitze

Sport / 09.06.2023 • 17:47 Uhr

Champions-League-Finale Manchester City vs. Inter Mailand auch ein Duell zwischen Abu Dhabi und China.

Istanbul Die Krone im europäischen Club-Fußball wird in einem Duell zweier Traditionsclubs vergeben. Dass Manchester City und Inter Mailand heute (21 Uhr) im Finale der Champions League stehen, ist jedoch nicht der Tradition geschuldet, sondern ihren arabischen bzw. chinesischen Geldgebern. City gehört seit 2008 der Abu Dhabi United Group, Inter seit 2016 mehrheitlich dem chinesischen Einzelhandelsriesen Suning Commerce. Die Citizens wurden im Jahr 2008 durch Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan, Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, und die Abu Dhabi United Group übernommen. Die Araber überwiesen kolportierte 250 Millionen Euro an den früheren thailändischen Premierminister Thaksin Shinawatra für dessen Anteile. Davor bestenfalls Mittelständler in der Premier League, stieg City plötzlich zum reichsten Verein Europas auf. Dass der Club allein in der Saison 2010/11 ein Minus von 197 Millionen Pfund (damals 245 Mill. Euro) produzierte, verursachte keine Sorgenfalten. Mit dem Meistertitel 2012, dem ersten seit 1968, folgte der Schritt zur nationalen Nummer eins.

Chance, es United gleichzutun

Rund zwei Milliarden Euro hat die Abu Dhabi United Group seit der Übernahme vor 15 Jahren mittlerweile für Transfers ausgegeben. Die 60 Millionen Euro für Stürmerstar Erling Haaland vor der Saison fielen da kaum noch ins Gewicht. Seitdem gewann City siebenmal die Premier League, dreimal den FA Cup, sechsmal den Ligapokal – aber nie die Champions League. Diesen Sehnsuchtstitel will das favorisierte Team von Trainer Pep Guardiola im Endspiel gegen Inter endlich holen und als zweiter englischer Club nach dem Stadtrivalen Manchester United vor 24 Jahren das Triple aus Champions League, Meistertitel und FA-Cup-Erfolg schaffen.

China hat die Hand drauf

Zur Wahrheit gehört zudem, dass sich Finalgegner Inter Mailand ebenfalls in den Händen einer milliardenschweren Investoren-Familie befindet. Das Elektronik-Unternehmen Suning Commerce sicherte sich im Juni 2016 um rund 270 Mill. Euro etwas über 68 Prozent an den „Nerazzurri“. Rund 31 Prozent blieben zunächst im Besitz des indonesischen Geschäftsmannes Erick Thohir, der im Oktober 2013 eingestiegen war und im Jänner 2019 seine restlichen Anteile an den Investment-Fonds LionRock Capital abgab. Damit ging Inter komplett in den Besitz von Chinesen über. Club-Präsident ist Steven Zhang, Sohn von Suning-Gründer und -Geschäftsführer Zhang Jindong.

Inter ist der bekannteste Club in Europa, der mehrheitlich in chinesischen Händen ist. Und ähnlich wie beim Finalgegner sind die Mailänder dank Milliardeninvestitionen wieder zu einem Topclub aufgestiegen. Nach dem Triple 2010 unter José Mourinho und Vizemeisterschaft und Coppa-Italia-Triumph 2010/11 war Inter auf die Plätze 9 (2013), 8 (2015) und 7 (2017) abgestürzt. Vor zwei Jahren brach Inter nach neun Saisonen die Vorherrschaft von Juventus und holte sich den 19. Meistertitel. Nun steht die Mannschaft von Trainer Simone Inzaghi erstmals seit 13 Jahren im Finale der Königsklasse und kämpft um den vierten Titel.

Nur in Europa ein Thema

Fußballfans in Asien, Afrika oder Nord- und Südamerika kümmern die Machenschaften im Hintergrund wenig. Die von ManCity lässt die Premier League gerade genau unter die Lupe nehmen. Eine unabhängige Kommission untersucht den schweren Vorwurf, City habe jahrelang gegen die Finanzregeln der englischen Topliga verstoßen. Es geht um mehr als 100 Fälle von 2009 bis 2018. Im schlimmsten Fall droht der Ausschluss aus der Liga. Die Entscheidung dieser Kommission kann angeblich durch den CAS nicht angefochten werden.

Der Club bestreitet alles, doch das Image hat kräftig gelitten. City steht bei vielen Fans für all das, was sie am Profifußball kritisieren: Sportswashing, Maßlosigkeit, Wettbewerbsverzerrung. Zur Kritik zählt auch, dass Manchester als wichtigster Teil der City Football Group als eine Art „Krake“ im Weltfußball agiert. Die Abu Dhabi United Group besitzt auf alle Kontinente verteilt inzwischen 13 Fußballclubs und hält Partnerschaftsabkommen mit zahlreichen anderen Vereinen.

Das Endspiel in der Champions League ist ein TV-Großereignis. ServusTV überträgt ab 19.35 Uhr, Sky Austria und DAZN steigen um 20 Uhr, das ZDF um 20.25 Uhr ein.