Zweiter und doch Held des Tages

Sport / 09.07.2023 • 19:52 Uhr
Von der Champagnerdusche für Sieger Max Verstappen blieb auch Lucy Frazer, die britische Ministerin für Kultur, Medien und Sport, nicht verschont.apa
Von der Champagnerdusche für Sieger Max Verstappen blieb auch Lucy Frazer, die britische Ministerin für Kultur, Medien und Sport, nicht verschont.apa

Verstappen und Red Bull brechen Rekorde, doch McLarens Boygroup machte Schlagzeilen.

Silverstone Das war ganz nach dem Geschmack der britischen Fans in „ihrem“ Speedtempel Silverstone, in den 480.000 über das Wochenende des britischen Grand Prix strömten: Erstmals seit 1999 schafften es zwei Lokalmatadore auf das Podium. Doch Altstar Lewis Hamilton musste als Dritter nicht nur Seriensieger Max Verstappen den Vortritt lassen, sondern auch dem Mann des Wochenendes: Lando Norris. Der erst 23-Jährige aus Bristol, der allerdings schon seine fünfte F1-Saison bestreitet, forderte den haushohen Favoriten mehrfach heraus: Im Qualifying mit Platz zwei und nur zwei Zehntel Rückstand, im Rennen mit einem Traumstart und viereinhalb Runden Führung, ehe der WM-Leader die Spitze und wie gewohnt das Kommando übernahm. Doch auch der zweite McLaren-Pilot, Oscar Piastri, glänzte: Er hielt lang Platz drei und wurde am Ende Vierter – das beste von bisher drei Ergebnissen in den Punkträngen in seiner Debütsaison.

F1-Rekord eingestellt

Auffällig: Hinter der Konstante Red-Bull-Verstappen ordnen sich die Kräfteverhältnisse in jedem Rennen durch Strategien und Reifenverschleiß neu. Aston Martin fällt immer mehr ins Mittelfeld zurück (und ist wegen der Schwächen von Lance Stroll ein Fernando-Alonso-Soloteam), Ferrari kommt immer noch nicht zu beständiger Form und Mercedes erlebt genauso ein Auf und Ab. Aber dass McLaren-Mercedes so auftrumpfen werden, kam doch – trotz des vierten Rangs von Norris zuletzt in Spielberg – überraschend. Nicht überraschend war, dass Verstappen den sechsten Sieg in Folge feierte und Red Bull mit dem elften Erfolg in Serie (seit Abu Dhabi 2022) den F1-Rekord einstellte – den McLaren seit 1988 (Senna/Prost) hält. Allerdings: Ferrari gewann saisonübergreifend 1952/53 14 Rennen in Folge.

Für McLaren-CEO Zak Brown ergibt sich die komfortable Situation, dass sich sein „Poker“ beim fahrenden Personal mit zwei Youngster bezahlt zu machen scheint. Die Aktie Lando Norris ist eine der heißesten und dürfte die Investition von 20 Millionen Dollar Salär pro Jahr (bis inklusive 2025) einspielen. Piastri verdient in seinem Debütjahr ein Zehntel von Norris, was aber für einen Rookie hochdotiert ist. Der von Landsmann Mark Webber gemanagte Australier könnte eine frühe Verlängerung seines Zweijahreskontrakts (bis 2024) erhalten. Und da ergibt sich für den Amerikaner Brown, der auch die Fäden bei Arrow McLaren (Indycar) und dem Extreme-E-Team in den Händen hält, ein Luxusproblem. Denn sein dritter Jungstar, der Katalane Alex Palou (26), drängt vehement in die Formel 1. Bei den Indycars – die Meisterschaft gewann er bereits 2021 – ist Palou heuer Dominator mit vier Siegen in neun Rennen (darunter die letzten drei in Folge) und klarer Gesamtführung.

Erfolgsbesessen

Norris‘ Credo hört sich einfach an: „Ich will meine Chancen so gut wie möglich nützen. Jede Möglichkeit, in die letzte Quali-Phase zu kommen, jede Kurve optimal zu erwischen, möglichst viel zu punkten, die unmittelbaren Konkurrenten in der Konstrukteurs-WM zu schlagen. Was mich ärgert, ist, wenn ich erkenne, ich hätte einen besseren Job machen können, aber ich machte ihn nicht. Und vergab dadurch bessere Resultate.“

Verstappen wiederum sagte erst kürzlich, wenn er privat ausgehe, sei Lando Norris sein bester Kumpel. Da hatten die beiden wohl Sonntag einen vergnüglichen Abend und viel zu feiern. GK

Lando Norris war in Silverstone der absolute Liebling der Fans.Reuters
Lando Norris war in Silverstone der absolute Liebling der Fans.Reuters