Wer besteht die Reifeprüfung?

Championship Games als letzte Hürde vor Super Bowl 58.
Schwarzach Die National Football League (NFL) eilt wieder mal von Rekord zu Rekord. Am vergangenen Sonntag sahen über 50 Millionen Menschen die Übertragung des Spiels Buffalo vs Kansas City auf CBS. Das ist für die Ausstrahlung eines Viertelfinales der NFL absoluter Rekord.
Schon die Woche zuvor – in der ersten Play-off-Runde – konnten reihenweise Rekordmarken verzeichnet werden. Fox Sports verbuchte bei Dallas gegen Green Bay mit über 40 Millionen Zusehern die meistgesehene Partie in der Geschichte des „Wildcard Weekend“, der zu NBC gehörige Streaming-Service namens „Peacock“ stellte mit einer „Stream Only“-Übertragung in ebenjener Runde auch einen neuen Bestwert von über 28 Millionen Menschen an den TV- und Streaming-Geräten auf.
Dass die NFL boomt ist nicht neu, dass sie in einem eigentlich übersättigten Sportmarkt mit größtenteils stagnierenden Quoten dennoch solches Wachstum hinlegt, ist beeindruckend. In etwa eineinhalb Wochen darf ich Ihnen an dieser Stelle ein paar Gründe für diese enorme Popularität darlegen. Zuvor sind diesen Sonntag die „Championship Games“ zu absolvieren, die das Halbfinale der jährlichen Meisterschaft markieren. Und gleichzeitig für drei der vier teilnehmenden Mannschaften auch eine Reifeprüfung. Denn nur ein Team der letzten im Wettbewerb verbliebenen Mannschaften hat in jüngerer Vergangenheit bereits Erfahrung damit, wie es sich anfühlt, nach dem Endspiel die Vince- Lombardi-Trophy zu stemmen.

AFC #1 Baltimore Ravens vs AFC #3 Kansas City Chiefs
Vergangene Woche schilderte ich an dieser Stelle noch, wie wichtig die Viertelfinalpartie für Baltimore Quarterback (QB) Lamar Jackson sein würde. Der wohl vielseitigste Athlet unter den verbliebenen vier QBs hatte noch immer kein großes Play-off-Spiel in seiner Karriere gehabt. Für viele Experten ist dies aber unabdingbar, da Erfolg in den Play-offs die Guten von den Großen trennt. Diese Diskussion dürfte vorläufig beendet sein. Jackson und seine Ravens dominierten die Houston Texans per Pass durch die Luft und via Laufspiel auf dem Boden und stürmten mit einem 34:10-Erfolg über Houston ins Halbfinale. Im Championship Game genießt der zweifache Super-Bowl-Sieger Baltimore erstmals in der Teamgeschichte Heimrecht und bekommt es prompt mit dem amtierenden Champion aus Kansas City zu tun.

Die Saison der Chiefs war von Höhen und Tiefen geprägt, erst am vergangenen Sonntag hatte man das Gefühl, die guten alten Chiefs zu sehen. Die Mannschaft steht und fällt natürlich mit Star-Quarterback Patrick Mahomes, dessen Passfänger heuer ungewohnte Schwächen zeigten. Dafür ist die Defense die wohl beste, die Mahomes seit seinem Wirken als Spielmacher der Chiefs zur Verfügung hat. Für Mahomes wäre es die vierte Endspielteilnahme in fünf Jahren, für Jackson die allererste.
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NFC #1 San Francisco 49ers vs NFC #3 Detroit Lions
Während im Finale der AFC ein offener Schlagabtausch erwartet wird, so gibt es im NFC Championship Game einen klaren Favoriten: die San Francisco 49ers. Auch wenn der Auftritt gegen die Packers im Viertelfinale der Vorwoche kein Ruhmesblatt war, so ist die Mannschaft der 49ers rund um Quarterback Brock Purdy besser und tiefer besetzt als das beim Gegner aus Detroit der Fall ist. Die Lions, eines von nur vier NFL-Teams, die noch nie im Super Bowl standen, hatten vergangene Woche mit ihrem Play-off-Gegner Tampa Bay ebenfalls mehr Mühe als erwartet. Zwar verfügt man über einen Quarterback mit Super-Bowl-Erfahrung (Jared Goff) und die wohl beste Offensive Line (verantwortlich für’s Blocken im Laufspiel bzw. Beschützen des Quarterbacks), aber das wird gegen San Francisco nur bedingt reichen. Neben der Play-off-Reife verfügen die 49ers über den kreativsten Playcaller unter den Head Coaches, Kyle Shanahan, den ligaweit gefährlichsten Ballträger, Christian McCaffrey, und die wohl vielseitigsten Verteidiger der NFL, Dre Greenlaw und Fred Warner, sie alle residieren in der Bay Area und sollte großen Anteil daran haben, dass San Francisco ins Endspiel einzieht. Dort gibt es, egal gegen wen, noch ein Hühnchen zu rupfen. 2012 zogen die 49ers im Endspiel gegen die Ravens und acht Jahre später gegen die Chiefs jeweils den Kürzeren.
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Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist, TV-Kommentator und Sendungsproduzent. Er arbeitet u. a. für Puls 24 und das Streaming-Portal DAZN. American Football und Eishockey sind seine großen Passionen.