Eine äußerst komplizierte Beziehung

Martin Pfanner über das Verhältnis der National Football League (NFL) und der Sportwettenbranche und warum sie voneinander profitieren.
Las Vegas Die National Football League (NFL) und die Sportwetten-Branche sind enger denn je verquickt und profitieren finanziell wechselseitig voneinander. Mit ersten sich abzeichnenden, aber noch lange nicht in ihrem vollen Umfang zu begreifenden Konsequenzen.
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Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Super Bowl 58 zwischen den San Francisco 49ers und den Kansas City Chiefs ausgerechnet in der Glücksspielmetropole Las Vegas stattfindet. Es bedurfte großer Anstrengungen, viel Lobbyismus‘ und letztlich auch einer gewissen Risikobereitschaft, um gerade in Las Vegas einen NFL-Standort zu verwirklichen. Die ehemaligen Oakland Raiders bekamen von der Stadt Oakland 2017 kein neues Stadion finanziert, in Nevadas größter Stadt waren die Hürden dafür wesentlich geringer. Die Las Vegas Raiders und vor allem ihre neue Heimstätte Allegiant Stadium waren somit verhältnismäßig rasch beschlossene Sache.
Organisiertes Glücksspiel
Wie es sich in der NFL gehört, werden Super Bowls zügig in neu eröffneten „state of the art“-Stadien ausgetragen. Ich selbst durfte 2019 im damals erst zwei Jahre alten „Mercedes Benz Stadium“ in Atlanta den Super Bowl 53 miterleben. Die betongewordenen Träume der Teambesitzer bzw. viele 100 Millionen Dollar schwere Mulifunktionskomplexe sind für die NFL wichtig, um nach innen wie nach außen zu demonstrieren, dass Geld keine Rolle spielt.
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Als eine der Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise („the great depression“ in den USA) legalisierte der Bundesstaat Nevada 1931 als Einnahmequelle das organisierte Glücksspiel, im Jahr 1949 folgten Pferde- und Sportwetten. In beiden Bereichen war der Wüstenstaat damit Vorreiter. Es sollte viele Jahrzehnte dauern, bis das Internet und politischer (und wohl auch Lobbyisten-getriebener) Druck dafür sorgten, dass Sportwetten und dort vor allem Wetten auf professionelle Sportligen im großen Stil vom Gesetzgeber freigegeben wurden. Mittlerweile kann in 37 der 50 amerikanischen Bundesstaaten legal eine Sportwette platziert werden. Mit Texas und Kalifornien, die zusammen über 70 Millionen Einwohner beherbergen, harren aber beispielsweise noch zwei riesige Bundesstaaten ihrer Erschließung. Die NFL wäre nicht die NFL, wenn sie nicht prompt die Chance gewittert hätte, aus diesen Entwicklungen Kapital zu schlagen. Seit gut zwei Jahren ist die Durchdringung von NFL-eigenen Kanälen mit Sponsorings von oder Kooperationen mit Wettanbietern enorm. Quoteneinbindungen in den täglichen TV-Shows, das unumgängliche „diese Sendung wird ihnen präsentiert von Wettanbieter XY“ oder eigene Wett-Experten, die an Spieltagen noch gesondert Tipps zum besonders smarten Wetten geben, schießen seither wie Pilze aus dem Boden.
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Dies ist in zweierlei Hinsicht bedenklich. Einerseits, weil Experten ob der Suchtfaktoren davor warnen, dass den USA eine wahre Epidemie an Glücksspielsüchtigen ins Haus stehen könnte, wenn die mit großem Abstand populärste Sportliga des Landes unentwegt den Einstieg ins Wetten propagiert. Andererseits weil auch immer öfter aktive Sportler den Anreizen der Glücksspielindustrie verfallen. Seit 2022 wurden 13 NFL-Spieler dabei erwischt, wie sie verbotenerweise Wetten platzierten. Ob die mittlerweile noch drakonischeren Strafen abschreckende Wirkung entfalten, wird sich weisen.

So begeht die NFL dessen ungeachtet Super Bowl 58 im amerikanischen Herzen der Casinos und Wettanbieter. Und wird den eingeschlagenen Kurs mit der engen Bindung an die Industrie sicherlich fortsetzen. Die NFL verzeichnet einen Umsatz von jährlich 19 Milliarden Dollar, die Glücksspielindustrie von geschätzt 93 (!). Es gäbe für die NFL also noch ein klein wenig was zu holen.
Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist, TV-Kommentator und
Sendungsproduzent. Er arbeitet u.a. für Puls 24 und das Streaming-Portal DAZN. American Football und Eishockey sind seine großen Passionen.