Eine neue TV-Partnerschaft

Sport / 07.02.2024 • 18:46 Uhr
Das Konterfei von „Kansas City Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes“ strahlt des nächtens von der Außenwand des Sphere. <span class="copyright">ap</span>
Das Konterfei von „Kansas City Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes“ strahlt des nächtens von der Außenwand des Sphere. ap

Martin Pfanner über den Rechte-Coup durch den Privatsender RTL und eine Beziehung mit der NFL, die ausbaufähig ist.

Las Vegas Als im September 2022 die Nachricht publik wurde, dass die National Football League (NFL) in Deutschland auf einen neuen TV-Rechtepartner setzen würde, regierte innerhalb der Szene erst einmal Fassungslosigkeit. Nur die Wenigsten hätten damit gerechnet, dass die NFL die erfolgreiche Partnerschaft mit der ProSiebenSat1 Media SE nicht verlängern würde.

RTL-Mann Björn Werner (r.) im Interview mit Bernhard Raimann. <span class="copyright">gepa</span>
RTL-Mann Björn Werner (r.) im Interview mit Bernhard Raimann. gepa

Dem Kölner Privatsender RTL war ein wahrer Rechte-Coup gelungen. Wie im internationalen TV-Rechtehandel üblich fand die Verkündung des Deals gut ein Jahr vor der tatsächlich ersten NFL-Sendung beim neuen Rechtehalter statt. Genug Zeit also für RTL, sich auf das Großprojekt NFL-Übertragungen vorzubereiten, genug Zeit aber auch für ProSiebenSat1, dem Nachfolger ein Schnippchen zu schlagen. Doch dazu gleich.

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Kampf um Reichweite

Als die P7S1-Sendergruppe 2015 in Deutschland begann, NFL-Partien nicht nur in den Playoffs in die Wohnzimmer zu liefern, sondern die Übertragungen auch auf die Regular Season auszuweiten, war der nächste Schritt zur Popularisierung von American Football in unserem nördlichen Nachbarland getan. Mit einer Mischung aus niedrigen Einstiegshürden für Anfänger, der Dauerpropaganda der NFL-eigenen Social-Media-Kanäle und teils unkonventionellem On-Air-Personal erlangte das Sendeformat „ran NFL“ rasch ein loyales Publikum, das dem Spartensender ProSieben Maxx zur umkämpften Prime-Time am Sonntagabend im Verhältnis tolle Quoten und Marktanteile bescherte. Bis zur Neuvergabe der Übertragungsrechte im zu Beginn angesprochenen September 2022. Denn eine erste Reaktion von ProSiebenSat1 auf den Verlust der NFL-Rechte war, die Spiele fortan auf ProSieben und eben nicht mehr via ProSieben Maxx zu zeigen.
Eine Person mit Kenntnis beider Häuser meinte mir gegenüber, kurz nachdem besagter Entscheid feststand, dass dies die perfekte „poison pill“ für RTL wäre. Initiale Planungen bei RTL sahen offenbar vor, ein Gros der NFL auf dem Spartensender NITRO und eben nicht im RTL-Hauptabend zu übertragen. Dadurch, dass NFL-Spiele mit einem Mal bei der Konkurrenz auf dem „großen“ Kanal liefen, hätte alles andere als Hauptabendübertragungen auf RTL nach innen und außen wie ein Rückschritt ausgesehen. Das Pikante daran: Sonntagabende auf ProSieben sind und waren nicht annähernd so quotenträchtig wie Sonntagabende bei RTL.

Super Bowl 2024, Bewerbung. <span class="copyright">ap</span>
Super Bowl 2024, Bewerbung. ap

So umfänglich die Zugänge von RTL bisher auch sind (eigenes NFL-Radio mit Fan-Fokus, eigenes Kinder-Programm, begleitende Podcasts etc.) so uninspiriert mutet beispielsweise die Auswahl des Personals an. Beinahe alle Verpflichtungen für den Hauptsender wurden entweder direkt von der „ran NFL“-Crew weg getätigt oder verfügten über mehrjährige „ran NFL“-Erfahrung. Schnell hieß es, dass es sich bei „RTL NFL“ ohnehin nur um ein „ran NFL light“ handle. In der Tat lassen sich die spannenderen Personalentscheidungen und Projekte in der Nische finden.

Souvenirs, Souvenirs ... <span class="copyright">ap</span>
Souvenirs, Souvenirs ... ap

Nächste Saison im Visier

Zudem kam es wie vom vorher zitierten Insider antizipiert: Große Quotenerfolge konnte der neue Rechtehalter trotz des Premium-Sendeplatzes auf RTL über weite Strecken der Regular Season nicht erzielen. Dass angesichts durchschnittlicher bis oft unterdurchschnittlicher Quoten im Dezember eine gemeinsame Presseaussendung von NFL und RTL über die hohe Zufriedenheit mit der Entwicklung der Zusammenarbeit in den Inboxen interessierter Beobachter landete, ist zumindest ungewöhnlich.
So stellt sich letztlich eine entscheidende Frage, die nach den Jahren kontinuierlichen, aber nicht überbordenden Wachstums wohl bald einer Beantwortung zugeführt werden wird: Hatte der American-Football-Boom im deutschen Free-TV vielleicht sogar schon bei ProSieben einen Plafond erreicht oder will der Funke bei RTL nur noch nicht so recht auf das Publikum überspringen? Spätestens die kommende Saison auf RTL sollte darüber Aufschluss geben.

Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist, TV-Kommentator und

Sendungsproduzent. Er arbeitet u. a. für Puls 24 und das Streaming-Portal DAZN. American Football und Eishockey sind seine großen Passionen.