
Der Traum von einer Heimat für den Radsport
VLRV-Präsident und Team-Vorarlberg-Manager basteln an einer Zukunft für heimische Radtalente.
Schwarzach Die Freiheit auf zwei Rädern kann ziemlich begrenzt sein. Zumindest wenn man sportlich in Vorarlberg unterwegs sein möchte, denn die heimischen Radsportler verfügen mit Ausnahme der BMX-Bahn in Bludenz über keine exklusive Sportstätte. Das kann vor allem für die rund 500 Kinder, die in den heimsichen Rad-Vereinen aktiv sind, zum Spießrutenlauf – oder in diesem Fall zur Spießrutenfahrt – werden. Die Problematik um den Mountainbike-Sport ist bekannt, legale Forststraßen sind nur bedingt geeignet. Denn Mountainbiker brauchen Trails, um für ihre Wettkämpfe adäquat trainieren zu können. Und die Straße ist ein weites Feld voller Gefahren, ein Training in größeren Gruppen ist ohnehin schwierig. „Mit Kindern, die unter zehn Jahre alt sind und noch keine Fahrradprüfung absolviert haben, ist es de facto sehr schwierig und teilweise auch gefährlich, auf der Straße zu trainieren“, sagt Herby Tessadri, der Präsident des Vorarlberger Radsportverbandes.

Gemeinsam für die Zukunft des Radsports
Das Interesse am Radfahren und am Radsport steigt gleichermaßen, die Vereine mussten nach dem großen Andrang in der Corona-Zeit zwischenzeitlich einen Aufnahmestopp verhängen. „Uns fehlen derzeit noch die Trainer“, konstatiert Tessadri, der die Geschicke des Verbandes seit eineinhalb Jahren leitet. „Wir haben bereits vieles gemacht und verändert, es gibt aber noch viel zu tun“, sagt der passionierte Radsportler, der durch seine Tochter zum Sport gekommen ist und als Obmann auch den RV DJ’s Bikeshop Hard leitet. In seinem Vorhaben, den Radsport in Vorarlberg nach vorn zu bringen, hat er in Thomas Kofler einen Mitstreiter gefunden. Der Manager des Team Vorarlberg führt seit 25 Jahren seinen Profi-Rennstall und hat parallel zahlreiche Großveranstaltungen wie die Tour of Austria, den jährlichen GP Vorarlberg in Nenzing oder über viele Jahre den Trans-Vorarlberg-Triathlon organisiert. Die beiden eint nicht nur die Leidenschaft für den Radsport, sondern eine Vision: Jene eines Radsportzentrums für Vorarlberg.


Kofler lotet schon länger die Möglichkeit eines Velodroms im Land aus. Eine Halle wie jene in Grenchen dient dem Laternser als Vorbild. Das Tissot Velodrom in der Schweiz wurde vor gut zehn Jahren errichtet, die Holzbahn ist das Nationalstadion des Schweizer Radsports, der international in allen Disziplinen erfolgreich agiert. Sie steht sowohl dem Spitzen- als auch dem Freizeitsport offen, auch Firmenevents sind auf der Bahn möglich. „Eine Radbahn sollte unbedingt als Mehrzweckgebäude dienen“, sagt Kofler und denkt dabei an Veranstaltungen, die weit über den Sport hinausgehen, wie Konzerte oder auch kleine Kongresse, Vorträge oder Ähnliches.


Ausbildung auf der Bahn
Neben einer Radbahn wären ein Pumptrack, ein Feld für Hallenradsportbewerbe wie Radball und Kunstrad sowie BMX-Anlagen denkbar. Immer mit dem Hintergrund, Menschen für den Radsport zu begeistern und Nachwuchssportler passend auszubilden. „Wir merken im Radteam, dass alle Schweizer, die eine ordentliche Ausbildung in einem Velodrom erhalten haben, als technisch fertige Sportler zu uns kommen. Die meisten österreichischen Athleten müssen noch fertig ausgebildet werden. Speziell in den Herbst- und Wintermonaten wären solche Technik- und Trainingseinheiten elementar wichtig. Natürlich auch die Wettkämpfe auf diesem Terrain. Aktuell trainieren auch einige Profis von uns in diversen Hallen im Ausland“, weiß Kofler. Für Tessadri ist ein wichtiger Aspekt, dass die Nachwuchssportler egal welcher Disziplin die Möglichkeit bekommen, ihre Fahrtechnik grundlegend zu erlernen.

Für solch ein ambitioniertes Projekt braucht es die Unterstützung der heimischen Wirtschaft und der Politik. Dass der Radsport gemessen an internationalen Medaillen zuletzt mehrfach zu den erfolgreichsten österreichischen Sommersportarten zählte, ist auch Sportminister Werner Kogler nicht verborgen geblieben. Bei der Sportler-des-Jahres-Wahl ging der „Niki“ zuletzt an Tour-de-France-Etappensieger Felix Gall, auch bei den Behindertensportlern räumte mit Thomas Frühwirth ein Radfahrer ab. Bei den Frauen landeten die beiden Mountainbikerinnen Mona Mitterwallner (Cross Country) und Valentina Höll (Downhill) auf den Rängen drei und vier. Dazu könnte der Einstieg von Red Bull beim Bora-Rennstall das Interesse der heimischen Fans und Medien am Straßen-Radsport schlagartig erhöhen. Trotzdem wurde vor drei Jahren mit dem Ferry-Dusika-Stadion das letzte Velodrom Österreichs abgerissen. Als Ersatz wird in Wien eine multisportive Halle errichtet, in der für den Radsport kein Platz mehr ist.
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Als Reaktion darauf baute das oberösterreichische Unternehmen Schachermayer, das im Großhandel der Holz- und Metallbearbeitung tätig ist, auf seinem Betriebsgelände in Linz ein Freiluft-Velodrom, das den Vorgaben des Weltverbandes UCI entspricht. Das „hellow yellow Velodrom“ ist nun die einzige Radrennbahn in ganz Österreich. Auf eine ähnliche Initiative hofft auch Kofler – das Projekt in Linz wird jedenfalls von Hobby- und Profisportlern gut angenommen.


Dass es vonseiten der heimischen Politik ein Bekenntnis zu besserer Rad-Infrastruktur auch abseits der Errichtung von Radwegen für den Berufs- und Freizeitverkehr gibt, stellte Sport-Landesrätin Martina Rüscher vor einem knappen Jahr im Rahmen der Präsentation der ersten Etappe der Tour of Austria am Dornbirner Karren klar. „Es ist eine Kernsportart für Vorarlberg, die wir zukünftig stärken wollen. […] Wir brauchen eine stationäre Trainingsstrecke, vielleicht auch indoor, und werden sehen, was sich alles entwickelt. Jede Veranstaltung und jedes Highlight in Vorarlberg unterstützt uns auf dem Weg“, sagte Rüscher damals.

Die Vision eines Vorarlberger Velodroms ist jedenfalls geboren – ob sich solch ein Projekt im Vorarlberger Sport auch umsetzen lässt, wird sich zeigen. Begeisterung für die Freiheit auf zwei Rädern gibt es im Land jedenfalls genug. „300.000 Vorarlberger fahren regelmäßig Fahrrad“, weiß VLRV-Präsident Tessadri.
