“Ich habe keine Freude und keine positiven Gefühle mehr”

Ein Burn-out stoppt Team-Vorarlberg-Profi Moran Vermeulen. Der Steirer hat die Freude am Sport verloren.
Schwarzach Am vergangenen Donnerstag traf sich das Team Vorarlberg in der Frastanzer Brauerei zum jährlichen Teammeeting. Im Vorfeld wurden die Gruppenfotos gemacht, im Interview äußerten sich die Fahrer zu ihren Zielen für die kommende Saison. Auch Moran Vermeulen nahm Platz am Tisch und sprach davon, „häufiger Erster werden zu wollen als im Vorjahr. Ich habe meine Fehler erkannt, und werde daran arbeiten.“ Ein Rennen habe es dem Steirer besonders angetan: „Ich peile wieder den GP Vorarlberg in Nenzing an. Es ist ein geiles Rennen mit einer super Streckenführung.“ Ob der 26-Jährige allerdings am 1. Mai in Nenzing am Start stehen wird, ist mehr als fraglich. Denn eine halbe Stunde nach seinem Interview offenbarte Vermeulen beim Teammeeting tiefe Einblicke in sein Seelenleben.
Der Radprofi ist ausgebrannt und muss eine Pause einlegen – ob und wann er zum Sport zurückkehrt, ist unklar. Jedenfalls genießt Vermeulen den vollen Rückhalt seines Teams, das ihn bei seinem schwierigen Weg unterstützt.

Eine gefährliche Abwärtsspirale
Vermeulen tritt stets als offener Typ an, der nie um einen Spruch verlegen und für jeden Scherz zu haben ist. Mit seiner extrovertierten Art begegnete er auch seinem Burn-out. Er wolle es offensiv verkünden, damit alle Bescheid wissen, ließ der Rad-Bundesligasieger von 2021 wissen. Auf der Teampräsentation am vergangenen Freitag schnappte sich der Steirer das Mikrofon und stellte klar, dass er sich eine Auszeit nehmen muss. Er habe die Freude am Radsport verloren, sagte Vermeulen im Anschluss in einem Interview mit „K19“. „Ich habe schon seit Jahren Probleme. Doch für mich war Sport im Allgemeinen und der Radsport im Speziellen ein Ventil. Wenn es mir schlecht gegangen ist, habe ich mich aufs Rad gesetzt und mir – auf gut Deutsch gesagt – die Fresse poliert. Das hat mich in die Realität zurückgeholt und ein gutes Gefühl verliehen“, berichtet Vermeulen, „Aber in den letzten Monaten hat sich ein Rückschlag an den Nächsten gereiht – materiell, körperlich und persönliche Beziehungen, die in die Brüche gegangen sind. Dadurch hat sich die Situation gedreht, das Rad ist zu einem Trigger geworden. Ich habe keine Freude und keine positiven Gefühle mehr dem Radsport gegenüber – das nimmt mir derzeit die Freude am Dasein. Es ist eine gefährliche Abwärtsspirale.“

Deshalb zieht der Steirer die Notbremse und stellt das Rad für unbestimmte Zeit in die Ecke. Vor dieser Entscheidung hat er das Gespräch mit seinem Bruder Mika gesucht. „Moran war immer schon ein extremer Mensch, der alles, was er anfasst, extrem betreibt. Moran war körperlich in Topform, er hat Werte erzielt wie noch nie zuvor. Aber der Kopf entscheidet, und der funktioniert einfach nicht. Dann bringt all das Training nichts“, fasst Mika Vermeulen den Austausch zusammen. Der 24-Jährige ist selbst Leistungssportler und etablierte sich in der abgelaufenen Saison in die Weltspitze der Langläufer.

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Hilfe annehmen
Moran Vermeulen kündigte an, sich zunächst im Freundes- und Familienkreis und dann auch professionelle Hilfe zu suchen. „Mir ist wichtig, es öffentlich zu machen. Ich will damit ein Zeichen setzen, wir sind alles Menschen. Wenn ich früher meinen Mund aufgemacht hätte, wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. Wenn es einem schlecht geht, fühlt man sich alleine oder isoliert. Dem ist aber nicht so.“

Vermeulen fährt nun in den Urlaub, das Fahrrad hat er weit von sich weg geschoben. Er will nun ganz genau in seinen Körper und vor allem in seinen Kopf hineinhören, ob dieser wieder bereit für Leistungssport ist. Mit einer allzu schnellen Rückkehr des Sympathieträgers ist wohl kaum zu rechnen. „Ich glaube fest daran, dass er wieder zurückkehrt“, macht Mika Vermeulen seinem Bruder Mut.