Ein Harder auf den Spuren von Alcaraz

Joel Schwärzler holt in Skopje mit 18 Jahren und 118 Tagen seinen ersten ATP-Challenger-Titel.
Skopje Was haben Joel Schwärzler und Carlos Alcaraz gemeinsam? Sie gehören zur aufstrebenden jungen Generation im Tenniszirkus, wurden beide U16-Europameister und haben exakt auf den Tag genau ihren ersten Titel bei einem ATP-Challenger-Turnier gewonnen. Während der 21-jährige Spanier im August 2020 in Triest im Alter von 18 Jahren und 117 Tagen seinen ersten Titel im Herrentennis holte, gelang dieses Kunststück dem Harder exakt einen Tag später. Nach zwei Viertelfinalteilnahmen Mitte April in Tallahassee (USA) und letzte Woche bei den Danube Austria Open Mauthausen krönte Schwärzler bei den Macedonian Open, seinem erst achtes Turnier auf Challenger-Ebene, eine perfekte Woche und trug sich mit einem 6:3-, 6:3-Finalerfolg über den um zehn Jahre älteren Polen Kamil Majchrzak, ehemalige Nummer 75 in der Weltrangliste (Februar 2022) in die Bestenliste ein. „Ich bin einfach super happy, meinen ersten Titel auf diesem Niveau zu haben, das ist richtig geil. Ich freue mich richtig“, frohlockte der Harder beim Siegerinterview auf dem Center Court. „Ohne mein Team und der harten Arbeit wäre das nicht möglich gewesen“, stellte er klar.
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Taktisch perfektes Spiel
Im Finale profitierte Schwärzler auch vom für ihn günstigen Match-up: „Man muss sagen, dass ihm mein Spiel nicht liegt. Er mag ehe das flache Spielen – und ich habe sehr variantenreich gespielt, viel über die Flugbahn, dann manchmal einen Slice eingebaut.“ Das zeigte Wirkung, in Kombination mit viel Coolness, ganz besonders beim Ausservieren: „Da habe ich einfach richtig gut gespielt, zwei Asse serviert und noch einen langen Ballwechsel gewonnen, das war richtig wichtig.“

Der Schlüssel zu seinem Premierencoup sei in dieser Woche gewesen, dass er einfach konstanter gespielt habe. „Bei den ersten zwei Challenger-Viertelfinals, die ich gespielt habe, war die Spannung nicht mehr so da, weil ich einfach schon so happy war, dass ich im Viertelfinale stehe. Das ist mir die Woche nicht passiert. Das ist gut so. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt – wobei man natürlich happy ist, wenn man sein erstes Viertelfinale spielt. Dieses Mal bin ich besser mit der Situation umgegangen und wollte einfach mehr.“

Eine wichtige Rolle beim Premierencoup nahm auch Gerald Melzer ein. Der jüngere Bruder von ÖTV-Sportdirektor Jürgen, der Schwärzler eigentlich auf der Tour betreut und im Leistungszentrum Südstadt trainiert, hat nicht nur selbst in Skopje aufgeschlagen, sondern Schwärzler auch vor Ort betreute: „Ohne ihn hätte ich wahrscheinlich schon die erste Runde verloren. Da habe ich richtig schlecht gespielt und er hat mir wirklich von außen geholfen, dranzubleiben und schlussendlich das Match noch zu drehen und zu gewinnen. Auch im Viertelfinale war ich hinten und hat mein Gegner besser gespielt. Ohne Gerald hätte ich das Match vielleicht in zwei Sätzen verloren, sogar wahrscheinlich. Er hat permanent sehr positiv eingewirkt, obwohl ich mich aufgeregt habe, das war richtig geil von ihm und hat richtig gut funktioniert. Ich bin ihm extrem dankbar.“

Große Freude herrschte bei Schwärzler freilich auch ob der rasanten Sprünge im ATP-Ranking: „Ich habe in letzter Zeit meinen Level einfach konstant gespielt – nicht immer, aber konstanter und fokussierter als davor. Natürlich bin ich nicht vom 1. April bis jetzt ein besserer Tennisspieler geworden, meine Schläge sind noch sehr gleich. Ich habe sie einfach besser eingesetzt.“
Noch ein extrem weiter Weg
Noch ein extrem weiter Weg
Dass es im ATP-Ranking mittlerweile mit dem 17-jährigen Brasilianer Joao Fonseca (ATP 230) nur noch einen jüngeren Spieler vor ihm gibt, sah Schwärzler gelassen und äußerst demütig: „Das ist geil, aber ich bin immer noch Nummer dreihundertirgendwas der Welt, fast 400. Das ist noch weit weg von unserem Ziel, von meinem Team und mir. Also muss ich weiter arbeiten. Ich bin happy, dass ich jetzt in dem Zeitpunkt dort vorn stehe, aber es ist immer noch ein extrem weiter Weg.“

Lange Zeit zum Verschnaufen gibt es für Schwärzler allerdings nicht: Am Freitag erfolgt die Anreise zu den French Open in Paris, wo er im Juniorenbewerb im Vorjahr das Viertelfinale erreicht hatte – und heuer ein ganz klares Ziel verfolgt. „Ich weiß, dass ich da als Leader der U18-Weltrangliste als Mitfavorit antrete. Ich möchte dort gut spielen, einfach mein Spiel durchziehen – und vielleicht kann ich am Ende den Pokal holen. Es ist auf jeden Fall das nächste, ganz klare Ziel. Man hat letztes Jahr gesehen, wie ich bei den Grand Slams gespielt habe: Ich konnte meinen Level nicht abgerufen. Das werde ich dieses Jahr hoffentlich ändern. Ich freue mich schon.“