Fauxpas kostet Posch das EM-Ticket

24-jährige Fußacherin als Opfer des Systems im Siebenkampf.
Wien „Wir wollten, dass sie startet. Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, doch offensichtlich wurde Isabel unschuldig leider ein ,Opfer‘ des Systems.“ Ex-Speerwurf-Ass Gregor Högler, seit Herbst 2016 Sportdirektor des österreichischen Leichtathletikverbands (ÖLV), kann den Unmut von Isabel Posch nachvollziehen, ist sich aber keiner Schuld bewusst. „Wir als Verband haben im Vorfeld der Europameisterschaft alles getan, damit Isabel einen Startplatz im Siebenkampf erhält. Wir haben sämtliche Vorgaben und Fristen eingehalten, doch am Ende wurde die Athletin trotz aller Bemühungen nicht berücksichtigt.“

Fristgerechte Nennung erfolgt
Zur Vorgeschichte: Im Vorfeld der vom 7. bis 12. Juni im altehrwürdigen Stadio Olimpico di Roma über die Bühne gehende Europameisterschaft wurde von European Athletics eine sogenannte Road-to-Rome-Liste erstellt. Dabei wurde pro Disziplin die Gesamtanzahl der Starterinnen und das Qualifikationslimit fixiert. Im Siebenkampf sind insgesamt 24 Startplätze (max. drei pro Nation) vorgesehen. Zum Abschluss der Qualifikationsfrist belegte die 24-jährige Fußacherin aufgrund ihrer zwei besten Resultate, den 1156 Punkte beim Gewinn der Goldmedaille bei der Universiade letzten August in China und den 1120 Punkten Ende September in Talence, den 25. Platz ein. „Wir wollten, dass sie startet und haben Isabel fristgerecht auf die Pre-Entry-List letzten Dienstag eingetragen“, erklärt Högler. „Am Folgetag, als alle Nationen aufgefordert waren, die namentliche Nennung vorzunehmen, schien Posch aber nicht im Starterfeld auf. Zur Verwunderung aller waren aber nur 22, und nicht wie vorgesehen 24 Siebenkämpferinnen, aufgelistet. Allerdings waren uns dabei die Hände gebunden, weil das Nennsystem von European Athletics gesperrt war und wir keine Ergänzung mehr vornehmen konnten. ÖLV-Generalsekretär Helmut Baudis hat daraufhin sofort per Mail bei European Athletics urgiert und gebeten, dass Isabel nachrücken kann. Da aber bis dato keine Rückmeldung gekommen ist, nehme ich an, dass die Athletin nicht mehr berücksichtigt wird.“

Opfer des Systems
Für ÖLV-Sportkoordinator Hannes Gruber ist Posch deshalb nicht dabei, weil sie zum Opfer eines Systems wurde, auf den die jeweiligen Nationen keinen Einfluss nehmen können und sie kein Mitspracherecht besitzen. „Aus meiner Sicht hat das Nennprozedere gravierende Lücken, zudem haben Nationen sehr unsportlich gehandelt“, betont Gruber und führt die Gründe an. „Beim Vergleich der Pre-Entry- und der Startliste zeigt sich, dass Frankreich zunächst drei Athletinnen im Siebenkampf genannt hat, allerdings nur Auriana Lazraq-Khlass (Anm. Nummer zwölf in der Road-to-Rome-Liste) in der Startliste aufscheint. Die unmittelbar vor Posch liegenden Elisa Pineau (Nummer 21) und Esther Conde-Turpin (24) haben ohne Begründung zurückgezogen. Für mich ist dies eine mehr als fragwürdige Vorgangsweise eines Verbandes. Wenn ich weiß, dass eine Athletin nicht starten wird, ich sie aber trotzdem melde, nehme ich einer anderen Athletin den Startplatz weg. Aus meiner Sicht ist dies ein Fauxpas und eine nicht korrekte Vorgangsweisen gegenüber eine Athletin darstellt. Wir hatten im Vorfeld selbst einen ähnlichen Fall mit Sarah Lagger. Sie wäre laut Road-to-Rome fix qualifiziert gewesen, hat aber wegen Rückenproblemen frühzeitig zurückgezogen, damit Isabel nachrücken kann. Hätten wir Sarah auf die Pre-Entry-List gesetzt und dann zurückgezogen, wäre Conde-Turpin aus den Top 24 gerutscht. Jetzt wurden wir als Verband für unsere Fairness bestraft.“

Trotz der fragwürdigen Ablehnung wird Isabel Posch aber bei den kontinentalen Titelkämpfen in der Hauptstadt Italiens an den Start gehen. Mit der österreichischen 4-x-100-m-Sprintstaffel hat sich die 24-jährige Fußacherin qualifiziert. „Ich kann das ganze Hin und Her nicht nachvollziehen und bin mir keiner Schuld bewusst. Verwundert bin ich auch über den Zehnkampf. Hier stehen auf einmal 25 Athleten in der offiziellen Starterliste – und bei uns bleiben zwei Plätze vom ursprünglichen Kontingent ohne Angabe einer Erklärung einfach unbesetzt“, so Posch.