Rien ne va plus im TGV
Vor einer Woche habe ich Ihnen noch vorgeschwärmt, wie angenehm und zügig das Reisen mit dem französischen TGV ist. Doch dieses Mal ist alles schiefgegangen. Gestern schrieb ich davon, dass ich nach Marseille fahren werde, um mir den letzten Wettkampftag und im Idealfall das Medal Race der 49er-Segler Benjamin Bildstein und David Hussl vor Ort anzusehen und darüber zu berichten. Den zweitägigen Ausflug hatte ich schon lange geplant, Zug und Hotel waren gebucht. Als Freund des Wassers freute ich mich schon auf den olympischen Mittelmeer-Hafen und auf den Austausch mit unseren Seglern vor Ort. Deshalb klingelte mein Wecker ausnahmsweise schon um 5.30 Uhr – die Nächte sind kurz, wenn am Vortag die Bewerbe bis 23 Uhr laufen. Bis zum Pariser Bahnhof Gare-de-Lyon lief alles nach Plan. Doch eine halbe Stunde nach der Abfahrt – der TGV hatte seine Reisegeschwindigkeit nie erreicht – gab es einen abrupten Halt im Nirgendwo.
Es folgte eine lange Durchsage auf Französisch, der ich entnehmen konnte, dass es ein Problem mit dem Strom gebe. Anschließend passierte erst mal nichts. Eine Stunde verging, die nächste Durchsage: Vor uns wäre die Strecke gesperrt, niemand wisse, wann es weiterginge. Erste Passagiere wurden nervös. Nach den Anschlägen auf die TGV-Infrastruktur kurz vor den Spielen wird man schnell hellhörig. Doch dieses Problem schien mit dem Unwetter zusammenzuhängen, das wenige Stunden zuvor über Paris gefegt war.
Nach zwei Stunden wussten die Zugbegleiter immer noch nicht, wie es weitergehen soll. Nach drei Stunden wurde die Rückkehr nach Paris als Lösung präsentiert. Neben mir verzweifelten zwei Amerikaner, die Tickets für das Olympia-Fußballspiel der US-Ladies in Marseille hatten. Als wir den Gare de Lyon wieder erreichten, herrschte in der Halle 2 ein unglaubliches Chaos. Alle Züge in Richtung Süden, der wichtigsten Verbindung innerhalb Frankreichs, waren storniert. Rien ne va plus – bis zum Nachmittag ging gar nichts mehr. Ich kehrte also wieder in unser Appartement zurück. Sechs Stunden brauchte ich von Haustür zu Haustür; mit dem Problem, dass es jeweils dieselbe Türe war. Normalerweise wäre ich längst in Marseille angekommen und hätte mich nach der langen Zugfahrt im Mittelmeer erfrischt. In Paris überließ ich den Sprung ins kühle Nass lieber den Triathleten. Morgen erzähle ich dafür etwas vom Fahrradfahren in der Stadt, das passt irgendwie auch zum Triathlon.
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