Deshalb zieht Wachter vor Lindsey Vonn den Hut

Anita Wachter spricht mit Hochachtung von der US-Amerikanerin und „Izzi“ Hämmerle fiebert dem Saisonstart entgegen.
Lech Sie eint nicht nur die Talschaft – das Montafon – sie sind auch im Besitz von zumindest einer Olympiamedaille. Und doch sind die Zugänge unterschiedlicher Art. Die Familie Salzgeber-Wachter hat sich dem Skisport verschrieben, während der Name Hämmerle für Snowboardcross-Erfolge steht. Beim lockeren Sporttalk im Kaminzimmer des Hotel Post in Lech gaben Anita Wachter, in Begleitung ihrer Tochter Amanda, sowie Alessandro „Izzi“ Hämmerle im Gespräch mit Isabella Canaval in sympathischer Art private Einblicke abseits des Spitzensports.
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Die Rolle als Mama zweier skifahrenden Töchter sei nicht immer einfach, verriet die 57-Jährige, die vor 24 Jahren ihre letzten Rennen bestritt und vor knapp 37 Jahren in Calgary zu Olympiagold fuhr. „Weil ich genau weiß, was sie auf sich nehmen und weil ich weiß, wie sich Verletzungen anfühlen.“ Letzteres fordert sie aktuell, denn vor einem Monat musste Amanda Salzgeber am Kreuzband operiert werden. Tägliche Fahrten mit der Tochter zu Physiotherapeut Alex Fröis – der ehemalige Hirscher-Physio arbeitet nun im Val Blu-Ressort in Bludenz – bestimmen aktuell den Tagesablauf.

Zudem ist sie der Mittelpunkt der Familie, in der Partner Rainer (57) als Rennchef von Head seit mehr als 20 Jahren im Winter von einem zum nächsten Weltcuport zieht und auch die jüngere Tochter Angelina (20) gestern 19. beim Europacup-Super G in Zauchensee – aktuell nur zwischen Renn- und Trainingstagen zu Hause ist.

Nicht zuletzt ist es die Familie, die Amanda – Goldmedaillengewinnerin (Kombination) bei den Olympischen Jugendwinterspielen 2020 in Lausanne, Kraft für ein erneutes Comeback schöpfen lässt. „Ja, es ist eigentlich steil bergauf gegangen“, blickt die junge Skirennläuferin zurück. Ehe erst Corona, dann 2023 die Diagnose Borreliose und Pfeiffersches Drüsenfieber die Montafonerin stoppte. „Ich wusste lange nicht, was mit mir los ist und war dann richtig froh, als ich eine Diagnose hatte“, sagt sie heute. Nach einer gut verlaufenen Operation blickt sie auch schon wieder optimistisch in die Zukunft. Auch wenn sie weiß, dass bis zum Comeback noch viel Arbeit wartet. Dann jedoch soll es für sie über den Europacup in den Weltcup gehen.

„Wir haben sie nie gedrängt, aber natürlich sind wir mit ihnen immer Ski gefahren“, so Anita Wachter über die Anfänge ihrer Töchter. Die hatten als Jugendliche, so verrät Amanda, offene Ohren für Ratschläge ihrer Eltern. „Das ist heute anders“, schmunzelt sie. Auf Skiern verbringt Wachter aktuell wenig Zeit, dafür hat sie die Ausbildung als Bowen (alternative Heilmethode)-Therapeutin absolviert. Zudem hat sie nie den Blick auf den Alpinen Weltcup verloren. Hochachtungsvoll spricht sie vom Comeback einer Lindsey Vonn (40). „Wenn ich ehrlich bin, hätte ich es ihr nie zugetraut. Doch ich empfinde es als genial. Die Technik und das Können hat sie, sie kennt alle Pisten der Welt und hat einen Super-Ski“, sagt sie – und: „Ich ziehe den Hut vor ihr.“

Saisonstart, China, ChatGPT
Er ist ein Tüftler, im Sport und auch im privaten Bereich. Sein Olympiasieg im Snowboardcross 2022 in China ist noch sehr präsent, aber auch seine Verletzungen haben Alessandro Hämmerle geprägt. Zumal die „asymmetrische Sportart“ (Hämmerle) den Körper durchaus fordert. Ob Gehirnerschütterung oder Rückenschmerzen, 14 Jahre im SBX-Weltcup fordern ihren Tribut. Zuletzt machte ein Gleitwirbel Probleme und verhinderte den Weltcupstart des 31-Jährigen. Ein Problem, das er nun selbst gelöst hat. In Gesprächen mit seinem Bruder Michael, Arzt im LKH Rankweil, und dank ChatGPT. „Es ist eine komplexe Geschichte“, erzählt „Izzi“ und ist der Sache auf den Grund gegangen. Ein Bänderriss im Fuß hat bei ihm als Kind zu einer Fehlstellung im Gehen geführt. „Seit ich jetzt den Fuß bewusst aufsetze, fühlt es sich an, als ob ich 20 Jahre gehumpelt bin.“

Und so fliegt Hämmerle kommende Woche schmerzfrei zu den Weltcups nach China. In das Land seines Olympiatriumphs. „Ja, da werden wohl Erinnerungen aufbrechen.“ Doch der Gaschurner fühlt sich gewappnet, fühlt sich nach den Trainingstagen in St. Moritz, dem diesjährigen WM-Ort fit. Und wie sieht er den Großereignissen Olympia 2026 in Cortina d‘Ampezzo und WM 2027 im Montafon entgegen. „Ich schaue von Jahr zu Jahr. Und wenn Rücken und Motivation mitspielen . . .“
Die schnellste Anwältin
Das Skifahren hat sie nicht verlernt, doch der Trainingsumfang hat sich reduziert. Nicht erst, seit Paulina Wirth im Herbst des Vorjahres die Anwaltsprüfung abgelegt hat. Seither kümmert sich die mehrfache Siegerin des Rennens „Der Weiße Ring“ mehr um juristische Dinge, denn um Kurventechnik. Die 28-Jährige, die ihre letzten FIS-Rennen 2015 („Ich hatte einfach den Spaß verloren“) gefahren ist, arbeitet in der Kanzlei ihres Vaters in Feldkirch. Der Job sei zeitraubend, aber er mache Spaß, so Wirth, die sich selbst als ehrgeizig bezeichnet und das Jusstudium in Innsbruck absolvierte. Für das Rennen, so erzählt sie, sei ihre Vorbereitung deshalb vor allem in mentaler Hinsicht passiert. Die größte Herausforderung, so die Montafonerin, sei der Start mit der Steigung. Wenn sie jedoch ins Fahren kommt, dann ist sie nach wie vor schnell. Genau das will sie heute erneut zeigen.
