Die Extreme als Herausforderung

Sport / 08.04.2025 • 18:45 Uhr

Grenzerfahrungen in den Bergen haben Extrem-Skibergsteiger und Dynafit-Geschäftsführer Benedikt Böhm geprägt.

Rankweil Sein Name: Benedikt Böhm. Sein Beruf: (Noch)-CEO bei Dynafit. Seine Passion: Extrembergsteiger. Der Münchner ist ein Mann der Extreme, das sagt er selbst, und er sucht die Herausforderung. Auch jetzt noch, als dreifacher Vater, wenngleich er selbst von sich behauptet, ein wenig ruhiger geworden zu sein. Was bleibt, ist der Reiz, herauszufinden, ob die Erfahrung von seinen 47 Jahren die körperliche Fitness eines 30-Jährigen „schlagen“ kann.

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Deshalb will er zurück auf den Muztagata, einen 7509 m hohen Gipfel in China, wo er 2005 zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Freund Sebastian Haag den Geschwindigkeitsrekord im Höhenskibergsteigen, im Alpinstil mit Skiabfahrt – 10:41 Stunden, für 3100 Höhenmeter, aufstellte. Böhm wirkt unaufhaltsam, auch in seinen Erzählungen. Der Münchner schafft es, seine Zuhörer zu fesseln, sie auf seine Reise mitzunehmen.

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Doch hinter der athletischen Fassade verbirgt sich ein Mann, der gelernt hat, mit Verlust, Schmerz und der ständigen Nähe des Todes zu leben – und dabei nie die Freude an der Bewegung verliert. „Der Berg ist für mich eine Lebensschule“, sagt Böhm mit ruhiger Stimme – und wer ihn sprechen hört, merkt schnell, dass es nicht um ein romantisches Bergsteigerklischee geht. Es geht um Entscheidungen in der Todeszone, um Verantwortung, Rückschläge und um die Erkenntnis, dass Abenteuer nicht immer am anderen Ende der Welt beginnen müssen.

Extremsportler
Benedikt Böhm im Gespräch mit VN-Sportchef Christian Adam vor seinem Vortrag in der Volksbank-Zentrale in Rankweil. Fotos: VN/1, alle anderen Dynafit

Immer schneller

Böhm hat sich dem sogenannten „Speed-Mountaineering“ verschrieben – eine Disziplin, bei der hohe Berge in Rekordzeit bestiegen und wieder verlassen werden. Ohne Sauerstoff, ohne Fixseile, ohne Komfort. „2023 haben wir den Cho Oyu in zwölfeinhalb Stunden ohne Sauerstoff bestiegen. In 17 Stunden waren wir wieder unten“, erzählt er. Eine unglaubliche Leistung – in einer Zeit, in der der kommerzialisierte Himalaya-Tourismus in eine neue Dimension vorstößt: „Hyperkommerzialisiert“, nennt Böhm das Phänomen.

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„Es gibt heute Gipfelgarantien. Wer zahlt, kommt rauf – mit 13 Sherpas, so viel Sauerstoff wie du willst und warmer Suppe im Zelt.“ Und: „Es gibt Leute, die eine Million Euro für 14 Achttausender zahlen.“ Doch was viele als Abenteuerurlaub begreifen, hat für Böhm wenig mit echtem Bergsteigen zu tun. „Es ist ein logistisches Erlebnis, aber kein Bergsteigen. Entscheidungen, Risiken, Eigenverantwortung – all das wird abgenommen.“

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Leidenschaft und Leidensweg

Seine Liebe zum Extremen begann früh. Als Kind mit „deutlich überdurchschnittlichen Energieflüssen“ – wie er selbst sagt – wäre er heute vielleicht mit Ritalin ruhig gestellt worden. Stattdessen fand er Halt im Leistungssport. „Langlaufen war meine Rettung“, erzählt Böhm. „Ich habe gelernt, Energie zu kanalisieren, mich zu strukturieren – und ich habe entdeckt, was hinter der Loipe liegt.“

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Was dahinter lag, war der Weg ins Extreme: Hochalpine Skitouren, Abfahrten mit 100 km/h durch ungesichertes Gelände. Später wurde Böhm Teil der Nationalmannschaft, ging zu den Gebirgsjägern, studierte in England und den USA – und kehrte immer wieder zurück zu den Bergen. Auch beruflich: über 20 Jahre lang gestaltete er den Aufstieg der Bergsportmarke Dynafit entscheidend mit.

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Verlust als Teil des Weges

Doch mit der Höhe kam auch der Tod. Der Verlust enger Freunde in der Todeszone – darunter sein langjähriger Seilpartner “Basti” – prägt Böhm bis heute. „Es reißt dir das halbe Herz raus“, sagt er offen. „Das sind Narben, die bleiben. Vielleicht vergleichbar mit traumatischen Kriegserfahrungen.“

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Dennoch: Der Berg blieb. Und mit ihm die Verantwortung – nicht nur als Sportler, sondern auch als Vater. Der K2 ist für ihn seit der Geburt seiner Kinder gestrichen. „Das Risiko ist zu groß. Es gibt Grenzen, die ich heute bewusst nicht mehr überschreite.“