Freudentränen, die zur Wut wurden

Sport / 13.05.2025 • 19:16 Uhr
Hanna Devigili (l.) belegte in Budapest den dritten Rang. Karate Vorarlberg
Die 21-jährige Hanna Devigili aus Fraxern lieferte bei ihrer zweiten Teilnahme bei einer Elite-EM eine vielversprechende Leistung ab und konnte fünf ihre sieben Kämpfe gewinnen.Karate Vorarlberg

Regelchaos raubt Österreichs Karate-Kumiteteam mit Hanna Devigili die EM-Bronzemedaille.

Schwarzach Freudentaumel, der in Verzweiflung mündete: Für Hanna Devigili aus Fraxern wurde der Schlusstag der Karate-Europameisterschaft in Armeniens Hauptstadt Jerewan zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Schon hatte sie die historische Bronzemedaille im Teambewerb gedanklich um den Hals hängen – doch nach einem Schiedsrichterentscheid blieb nur bittere Enttäuschung.

Karate Hanna Devigili KC Götzis
Das Karate-Austria-Damenteam in Armenien (v. l.): Juan Luis Benítez Cárdenes, Lora Ziller, Lejla Topalovic, Marina Vukovic, Hanna Devigili und Matjaz Koncina. Karate Austria/Kremser

Dabei hatte alles nach einem rot-weiß-roten Triumph ausgesehen. Das österreichische Kumite-Damenteam – mit der 21-jährigen HLSZ-Sportsoldatin als Startkämpferin – hatte sich nach einer 0:2-Auftaktniederlage gegen Frankreich, den späteren Vizeeuropameister, mit zwei klaren 2:0-Erfolgen über Rumänien und Slowenien ins kleine Finale gekämpft.

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Perfekter Auftakt von Devigili

Zwei Tage nach der Vorrunde ging es um alles – die erste österreichische Medaille in einem Teambewerb bei einer EM. Und wieder war es Hanna Devigili, die voranging: Mit einem 5:5 gegen Italiens Topathletin Silvia Semeraro, Vizeweltmeisterin 2023 und sechsfache Premier-League-Siegerin, sicherte sie dank des Senshu-Vorteils den ersten Teampunkt. Auch wenn Lora Ziller im Anschluss ein 2:2 erkämpfte, ging dieser Kampf aufgrund derselben Regel an Italien. Alles hing nun am letzten Duell.

Karate Hanna Devigili KC Götzis
Die 21-jährige Fraxnerin gewann bei ihrer zweiten Elite-EM fünf ihrer sieben Kämpfe.

Der Plan von Bundestrainer Juan Luis Benítez Cárdenes war klar: Aufgrund der Annahme, dass Devigili in ihrem Kampf die höherwertigen Treffer landete, sollte Lejla Topalovic kein Risiko eingehen – ein Unentschieden hätte aufgrund der Unterbewertung gereicht. Und das tat sie: 1:1, Bronze gesichert. Devigili und ihre Teamkolleginnen feierten bereits. Doch die Freudentränen sollten sich noch in Tränen der Wut und Enttäuschung verwandeln.

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Aus Bronze wurde Blech

Der Schock: Der Hauptkampfrichter ordnete überraschend einen Entscheidungskampf an – eine Entscheidung, die selbst die Offiziellen vor Ort überraschte. Topalovic verlor gegen Clio Ferracuti in der Schlussphase mit 2:6. Aus Bronze wurde Blech.
„Das ist eine Sauerei“, wetterte ÖKB-Präsident Georg Rußbacher. „Die Kampfrichter sollten das Regelwerk doch kennen. Unser Team wurde offiziell zum Sieger erklärt, die Athletinnen feierten bereits, und dann lautete die Entscheidung plötzlich: Extrakampf. So kann man mit den Sportlerinnen nicht umgehen.“

U-16-Europameisterin Hanna Devigili mit Trainervater Daniel. Grafoner
Hanna Devigili nach dem Gewinn der Goldenen bei der U16-EM 2019 mit Vater und Ex-Bundestrainer Daniel Devigili.

Auch Ex-Bundestrainer Daniel Devigili, der Vater von Hanna, zeigte sich fassungslos: „Anscheinend wurde Ende letzten Jahres diese Regel geändert. Bei Teamkämpfen zählt bei einem Remis nicht mehr die höherwertige Technik in den einzelnen Kämpfen – das war selbst den vor Ort anwesenden Referees nicht bewusst. Sonst hätte nicht der Großteil der Kampfrichter unserer Mannschaft nicht schon gratuliert.“

Freudentränen, die zur Wut wurden
Die Tochter beim Training mit ihrem Vater im Olympiazentrum Vorarlberg. Paulitsch

Noch ist unklar, ob das fragwürdige Urteil am grünen Tisch revidiert wird. Bei Karate Austria werden aktuell die Möglichkeiten geprüft, ob man Einspruch gegen die Beurteilung einlegen kann.

Fünf Siege, zwei Niederlagen

Trotz allem: Devigili überzeugte. In ihrer zweiten Elite-EM holte sie mit Rang sieben bis 68 kg ihr bestes EM-Resultat, gewann sie fünf von sieben Kämpfen und sammelte insgesamt 35 Trefferpunkte. In der kommenden Weltrangliste wird sie rund 30 Plätze gutmachen und auf Rang 55 aufsteigen. Damit lebt auch der Traum von der WM-Teilnahme im November in Kairo weiter: Für einen Startplatz ist eine Platzierung unter den Top 32 notwendig.